FinMin Schleswig-Holstein, Erlaß v. 28.9.2011, VI 358 - S 7279 - 004

Bezug: BFH-Vorlagebeschluss vom 30.6.2011, V R 37/10

Der BFH bittet den EuGH mit dem o.g. Beschluss um Vorabentscheidung zu folgenden Fragen im Zusammenhang mit der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für Bauleistungen (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 UStG in der im Jahr 2005 geltenden Fassung):

  1. Erlauben die europarechtlichen Vorgaben eine Umkehrung der Steuerschuldnerschaft nur für Dienstleistungen im Baugewerbe oder auch für (Bau)Lieferungen?
  2. Für den Fall, dass die unionsrechtliche Ermächtigung auch Baulieferungen umfasst: Darf der nationale Gesetzgeber eine Einschränkung dahingehend vornehmen, dass er die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft nur für Werklieferungen (nicht aber z.B. für Lieferungen von Baumaterial) einführt?
  3. Ist es zulässig, dass die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft nur dann gilt, wenn Bauleistungen an Bauunternehmer erbracht werden?
  4. Ist im Fall der mangelnden Vereinbarkeit mit Unionsrecht die nationale Regelung insgesamt unanwendbar?

Bauträgern, die selbst steuerfreie Werklieferungen i.S. des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG erbringen und unter Verweis auf den o.g. Vorlagebeschluss Einspruch gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer auf von ihnen bezogene Bauleistungen einlegen, ist im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder keine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Da der Leistungserbringer dem Bauträger keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hat, wäre der Bauträger im Aussetzungsfall systemwidrig nicht mit Umsatzsteuer belastet. In einem solchen Fall fehlt es an einem berechtigten Interesse an vorläufigem Rechtschutz (AEAO zu § 361, Nr. 2.5.4). Auch der BFH lehnt eine Aussetzung der Vollziehung mangels berechtigten Interesses ab, wenn der vorläufige Rechtsschutz zu nicht gerechtfertigten Vorteilen für den Steuerpflichtigen führen würde (Beschluss vom 6.2.1967, VII B 46/66, BStBl 1967 III S. 123).

Ergänzend weise ich darauf hin, dass das Unionsrecht den Mitgliedstaaten bei der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft für Bauleistungen seit dem 13.8.2006 ausdrücklich erlaubt, festzulegen, für welche Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen und für welche Kategorien von Leistungserbringern oder Leistungsempfängern sie von der umgekehrten Steuerschuldnerschaft Gebrauch machen (Art. 21 Abs. 2 Buchst. c Unterabs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Unterabs. 3 Satz 1 der 6. EG-Richtlinie i.d.F. der Richtlinie 2006/69/EG des Rates vom 24.7.2006; seit dem 1.1.2007 Art. 199 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Abs. 2 MwStSystRL). Nur für den Begriff der „Bauleistung” enthält Art. 199 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL keine nähere Definition, so dass die Fragen 1 und 4 des BFH durch die Rechtsänderung nicht beantwortet werden. Die Zulässigkeit einer Beschränkung der umgekehrten Steuerschuldnerschaft auf bestimmte Leistungen und Leistungsempfänger, auf die sich die Fragen 2 und 3 beziehen, ist hingegen nach aktueller Rechtslage nicht mehr zweifelhaft.

Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung

 

Normenkette

UStG § 13b Abs. 2 Nr. 4

UStG § 13b Abs. 5 Satz 2

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