Ferner kann ein Steuerstrafverfahren eingestellt werden, wenn nur eine geringwertige Steuerverkürzung eingetreten ist oder nur geringwertige Steuervorteile erlangt wurden, die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Eine bundeseinheitliche Geringfügigkeitsgrenze existiert nicht. In BuStra-Stellen eher strukturschwacher Regionen, in denen bereits eine Verkürzung von 50.000 EUR schon als "Großfall" gilt, liegt die Grenze bei rund 500 EUR. In den großstädtischen, wirtschaftsstarken Ballungszentren Frankfurt/M., Düsseldorf und München kommen dagegen Verkürzungsfälle von 50.000 bis 100.000 EUR massenhaft vor; letztlich infolge des hohen Arbeitsanfalls wird die Schwelle für Einstellungen dort höher angesetzt, teilweise bis zu 2.500 EUR.
Einen breiten Anwendungsbereich kann die Vorschrift bei der Strafverfolgung der Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen finden. Hier wird dem Beschuldigten zumeist vorgeworfen, dass Steuern nicht rechtzeitig festgesetzt wurden (zeitliche Steuerverkürzung). Bei zeitlicher Steuerverkürzung ist der Strafzumessung nicht der gesamte verkürzte Steuerbetrag, sondern der Verspätungsschaden des Staates bzw. Zinsgewinn des Beschuldigten zugrunde zu legen.
Aus Vereinfachungsgründen kann als Anhaltspunkt für die Berechnung des Verspätungsschadens der Zinssatz des § 238 AO herangezogen werden. Der Einwand, dass bei einer auf Dauer gewollten Verkürzung die Steuern nachgezahlt worden seien und daher kein Dauerschaden eingetreten sei, rechtfertigt nicht die Annahme einer Steuerverkürzung auf Zeit.
Dieser Verspätungsschaden liegt bei der Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen meist unter der o. a. Geringfügigkeitsgrenze, sodass dieses Tatbestandsmerkmal der Vorschrift häufig erfüllt ist. Auch wird vielfach von einer geringen Schuld ausgegangen werden können. Die §§ 235, 169 Abs. 2 Satz 2 und 71 AO kommen bei einer Einstellung jedoch zur Anwendung.