OFD Frankfurt, Verfügung v. 28.7.2011, S 2121 A - 13 - St 213
1. Zuständigkeitsfragen
1.1. Stipendien inländischer Stipendiengeber
Die Prüfung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Stipendien nach § 3 Nr. 44 EStG vorliegen, hat das FA vorzunehmen, das für die Veranlagung des Stipendiengebers zur Körperschaftsteuer zuständig ist oder zuständig wäre, wenn der Geber steuerpflichtig wäre (R 3.44 EStR 2008). Dieses FA hat auf Anforderung des Stipendienempfängers oder des für ihn zuständigen Finanzamtes eine Bescheinigung über die Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchstabe a und b EStG zu erteilen bzw. abzulehnen.
1.2. Stipendien gemeinnütziger EU/EWR-Institutionen
Nach dem BFH-Urteil vom 15.9.2010 (BStBl 2011 II S. 637) kann eine in der EU oder dem EWR ansässige gemeinnützige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG unabhängig von einer inländischen Steuerpflicht Stipendien vergeben, die nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sind, da eine steuerliche Schlechterstellung solcher Institutionen eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen würde.
Die Grundsätze dieses Urteils sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Dabei ist zu beachten, dass bei der Prüfung der Gemeinnützigkeitsvorschriften die des betreffenden Veranlagungszeitraums zu Grunde zu legen sind. Den Nachweis, dass der ausländische Stipendiengeber die deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben erfüllt, hat der inländische Stipendiat gegenüber dem für ihn zuständigen FA durch Vorlage geeigneter Belege, insbesondere Satzung, Tätigkeitsbericht, Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, Kassenbericht, Vermögensübersicht mit Nachweisen über die Bildung und Entwicklung der Rücklagen, Aufzeichnung über die Vereinnahmung von Zuwendungen und deren zweckgerechte Verwendung sowie Vorstandsprotokolle zu erbringen (§ 90 Abs. 2 AO). Bescheinigungen über Stipendien von nicht im Inland steuerpflichtigen Organisationen reichen als alleiniger Nachweis nicht aus.
Die Überprüfung der eingereichten Unterlagen sollte in Zusammenarbeit mit einem für die Besteuerung gemeinnütziger Institutionen zuständigen VTB (P oder K) im Wohnsitzfinanzamt des Stipendienempfängers erfolgen.
2. Steuerliche Beurteilung einzelner Stipendien
2.1. Heisenbergprogramm
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft gewährt jungen Wissenschaftlern Stipendien nach dem sog. Heisenberg-Programm. Sinn und Zweck der Stipendien ist es, besonders qualifizierte junge Wissenschaftler der Wissenschaft bzw. den deutschen Hochschulen zu erhalten. Entsprechend der Zielsetzung des Heisenberg-Programms orientiert sich das Stipendium der Höhe nach an dem mittleren Einkommen eines Hochschullehrers der Besoldungsgruppe C 2. Der Stipendiat übt eine eigenverantwortliche Tätigkeit aus, indem er eigene Forschungsvorhaben durchführt oder sich an anderen Forschungsvorhaben beteiligt. Mit dem Stipendiaten wird kein Arbeits-(Dienst-)verhältnis begründet; er übt keine weisungsgebundene Tätigkeit aus.
Ich bitte, die Stipendien nach dem Heisenberg-Programm steuerlich wie folgt zu behandeln:
- Das Stipendium ist nicht nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei, da es einen für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag übersteigt (vgl. § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchstabe a EStG).
- Die Einnahmen sind den Einkünften aus freiberuflicher (wissenschaftlicher) Tätigkeit zuzurechnen.
2.2. Hochschulsonderprogramm II
Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung hat am 26.2.1991 „Gemeinsame Regelungen des Bundes und der Länder zur Umsetzung des zweiten Hochschulsonderprogramms durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)” beschlossen. Nach Abschn. II Nr. 2 dieser Regelungen können besonders qualifizierten jungen Wissenschaftlern/Wissenschaftlerinnen auf Antrag ein Stipendium und eine Sachbeihilfe gewährt werden. Die Förderung soll in der Regel zwei Jahre dauern. Zwischen DFG und Stipendiaten besteht kein Arbeits- oder Dienstverhältnis.
Zur Bewilligung eines Stipendiums und einer Sachbeihilfe stehen der DFG für jeden Stipendiaten im rechnerischen Mittel 51.129,19 EUR (Stipendium: bis zu 30.677,51 EUR, Sachbeihilfe: 20.451,68 EUR) jährlich zur Verfügung.
Kinderbetreuungszuschläge ergänzen die Förderungsmöglichkeiten. Der Kinderbetreuungszuschlag wird nach der Zahl der Kinder gestaffelt gezahlt: bei einem Kind beträgt er 153,39 EUR, bei zwei Kindern insgesamt 204,52 EUR und bei drei und mehr Kindern insgesamt 255,65 EUR.
Die Stipendien (einschl. der Kinderbetreuungszuschläge) sind gem. § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei.
Die Stipendien werden in Hessen von folgenden Instituten gewährt:
pädagogische Arbeitsstelle (PAS) |
Frankfurt am Main |
|
|
Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung |
Frankfurt am Main |
|
|
Forschungsinstitut Senckenberg (FIS) |
Frankfurt am Main |
|
|
Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) |
Darmstadt |
|
|
Fraunhofer Gesellschaft |
|
|
|
– Institut für Graphische Datenverarbeitung |
Darmstadt |
– Institut ... |