1 Bestehendes Arbeitsverhältnis
Im Falle einer Untersuchungs- und Strafhaft kann der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft nicht zur Verfügung stellen, d. h. es besteht für den Arbeitgeber auch keine Vergütungspflicht.
Die Inhaftierung des Arbeitnehmers kann zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen. Voraussetzung einer – ordentlichen wie außerordentlichen – Kündigung wegen haftbedingter Arbeitsverhinderung ist, dass der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig erhebliche Zeit nicht in der Lage sein wird, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen und die Nichterfüllung der Arbeitspflicht sich nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirkt. Wesentlich ist die Dauer der Inhaftierung. Zumindest dann, wenn im Kündigungszeitpunkt noch eine Haftstrafe von mehr als 2 Jahren zu verbüßen ist und eine Entlassung vor Ablauf von 2 Jahren nicht sicher zu erwarten ist, kann dem Arbeitgeber regelmäßig nicht zugemutet werden, Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und auf eine dauerhafte Neubesetzung des Arbeitsplatzes zu verzichten. In diesem Falle ist in der Regel eine Kündigung gerechtfertigt.
Da es auf den Zeitpunkt der Kündigung ankommt, ändert auch eine spätere günstige Sozialprognose, die nach Haftantritt dazu führt, dass der Inhaftierte ggf. vor Ablauf von 2 Jahren vorzeitig aus der Haft entlassen wird, nichts. Auch ist die Inhaftierung nicht mit einer längeren Erkrankung oder der Elternzeit zu vergleichen.
Liegt eine beachtliche Störung vor, bedarf es der abschließenden, alle Umstände des Einzelfalls einbeziehenden Abwägung, ob es dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar war, das Arbeitsverhältnis bis zum Wegfall des Hinderungsgrundes fortzusetzen. Sowohl bei der Frage, ob von einer erheblichen Störung des Austauschverhältnisses auszugehen ist, als auch bei der Interessenabwägung ist im Fall einer Kündigung wegen Verbüßung einer Freiheitsstrafe zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsverhinderung in aller Regel zu vertreten hat. Deshalb sind dem Arbeitgeber zur Überbrückung des Arbeitsausfalls regelmäßig nicht die gleichen Anstrengungen und Belastungen zuzumuten, wie etwa bei einer Krankheit.
Im Fall der Untersuchungs- bzw. der Strafhaft ist in der Regel von einem personenbedingten Kündigungsgrund auszugehen. Eine Würdigung des Geschehens unter verhaltensbedingten Gesichtspunkten ist nur veranlasst, wenn die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben oder der Arbeitnehmer auf andere Weise arbeitsvertragliche Pflichten, insbesondere seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat.
2 Während der Inhaftierung
Strafgefangene, die aufgrund ihres besonderen öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnisses in einem Privatbetrieb arbeiten, sind keine Arbeitnehmer dieses Betriebes; der Betriebsrat hat wegen der Beschäftigung dieser Personen kein Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG.
Werden Strafgefangene in einem Betrieb zur Arbeit eingesetzt, so sind sie dazu grundsätzlich allein aufgrund der Weisung der Strafanstaltsverwaltung verpflichtet, nicht aufgrund eines Arbeitsverhältnisses. Wird der Vollzug allerdings aufgrund einschlägiger Vorschriften gelockert, sodass der Gefangene außerhalb der Anstalt ohne Aufsicht eines Vollstreckungsbeamten als sog. Freigänger nach § 39 Abs. 1 StVollzG (Strafvollzugsgesetz) einer Arbeit "auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses" nachgehen darf, so kann er ein Arbeitsverhältnis oder ein Ausbildungsverhältnis begründen.
Strafgefangene sind auch keine arbeitnehmerähnlichen Personen, wenn sie nach § 41 Abs. 1 Satz 1 StVollzG arbeiten. Nach dieser Vorschrift ist der Gefangene verpflichtet, eine ihm zugewiesene, seinen körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit auszuüben, zu deren Verrichtung er aufgrund seines körperlichen Zustands in der Lage ist. Arbeiten Strafgefangene nach dieser Vorschrift, so sind sie auch keine Leiharbeitnehmer im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG).