Prof. Dr. Stefan Schaltegger, Dimitar Zvezdov
3.3.1 Umfangreiche Anwendung finanzorientierter Kennzahlen
Rund die Hälfte aller untersuchten Unternehmen haben Ansätze eines finanzorientierten Nachhaltigkeitscontrollings eingeführt. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der Ermittlung der nachhaltigkeitsrelevanten Leistung des Unternehmens und weniger auf der Steuerung. Oft wird dies damit begründet, dass dem Vorstand und den Eigentümern gezeigt werden muss, dass Nachhaltigkeitsprojekte und -maßnahmen nicht in Konkurrenz zum finanziellen Erfolg stehen.
Fokus auf Ergebniswirkungen anstatt auf aktiver Steuerung
Dass die aktive Steuerung von Zusammenhängen wenig ausgeprägt ist, kann eine Folge der Unkenntnis der eigenen Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und Ökonomie sein. Oft führt dies dazu, dass sich Unternehmen auf externen Druck und generische Maßgrößen ausrichten, die nur bedingt dazu dienen, die Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens zu steuern und den Beitrag zum Unternehmenserfolg sicherzustellen.
Die Forschung hat bisher keine für die Praxis breit einsetzbaren Methoden entwickelt, die Einflussgrößen berücksichtigen und die die zentralen Erfolgskennzahlen eines Unternehmens beeinträchtigen. Vielmehr scheinen Ansätze an Bedeutung zu gewinnen, die die Identifikation und das Management nachvollziehbarer Kausalbeziehungen unterstützen. Insbesondere die Wirkungen von sozialen Maßnahmen und Projekten können von Ansätzen profitieren, die auf überzeugend abgeleiteten Kausalbeziehungen aufbauen, da sie häufig über diffusere oder weichere Beziehungsverhältnisse wirken. Zukünftig wird es vermehrt darum gehen müssen, das Rechnungswesen so weiterzuentwickeln, dass es auch zu qualitativen Nachhaltigkeitsfragen finanziell relevante Informationen bereitstellen kann.
3.3.2 Fehlende Steuerung trotz steigender Anerkennung marktrelevanter Nachhaltigkeitsaspekte
Marktorientiertes Nachhaltigkeitscontrolling verspricht Erfolg
Unternehmen, die sich auf die veränderten Marktverhältnisse neu ausrichten und die Chancen und Risiken der Nachhaltigkeitsdiskussion berücksichtigen, können erfolgreicher werden. Dies zeigen sowohl zahlreiche Einzelfallbeispiele als auch Studien. Dass sich das Controlling bisher wenig mit der Relevanz solcher Fragen befasst, ist ernüchternd. Auch wenn erste Ansätze eines marktorientierten Nachhaltigkeitscontrollings beim Sammeln und Nutzen von Ergebnisgrößen auftauchen, kann derzeit keine gezielte kennzahlengestützte Steuerung von Nachhaltigkeitsaktivitäten zur Stärkung des Marketingerfolgs identifiziert werden. Eine zentrale Praxisherausforderung für die nähere Zukunft ist es, ein marktorientiertes Nachhaltigkeitscontrolling zu entwickeln und zu etablieren.
Nachhaltigkeitscontrolling zur Steigerung der marktrelevanten Nachhaltigkeitsleistung
Zwar wurden einige Leistungstreiber als mögliche Steuerungsgrößen erkannt, wie etwa die Verhinderung, dass eine Marke durch Nachhaltigkeitsskandale beschädigt wird. Diese wurden bisher nicht für Controlling-Zwecke eingesetzt. Andere Steuerungsgrößen sind beispielsweise, die Preisbereitschaft auszuschöpfen oder die Käuferzielgruppe bezüglich des Markenprestiges wahrzunehmen. Der durch Nachhaltigkeitsmaßnahmen angestrebte Marketingerfolg schlägt sich häufig erst mittel- und langfristig im Unternehmenserfolg nieder; doch bei adäquater Messung und Steuerung könnte auch bereits nach kürzerer Zeit eine deutliche Stärkung des Markterfolgs erreicht werden. Erfolgsbeispiele sind die Weiterentwicklung von (Nischen-)Produkten zu Mainstreamprodukten, wodurch eine entscheidende Repositionierung des Unternehmens auf dem Markt gelingen kann.
Vor allem angesichts der Kenntnis- und Erfahrungsmängel mit Sozial- und Umweltproblemen dürfte das marktorientierte Nachhaltigkeitscontrolling in der Unternehmenspraxis vor wesentlichen Entwicklungsschritten stehen.
3.3.3 Entwicklung von Prozessen: viele Anreize, viele Wege
Produktionsprozesse und Umwelt
Zahlreiche Publikationen, die sich mit dem Thema Ressourceneffizienz befassen, haben zu einer starken Ausprägung des prozessorientierten Nachhaltigkeitscontrollings beigetragen. Analysen der derzeitigen Praxis zeigen eine umfangreiche Unterfütterung sowohl mit Ergebnisgrößen (wie z. B. Produktionskosten) als auch mit Leistungstreibern (wie z. B. Materialeffizienz). Bereits frühe Ansätze des Öko-Controllings waren stark operativ auf die Steuerung der Produktionsprozesse ausgerichtet. Dadurch haben viele Mitarbeiter im operativen Geschäft (darunter auch Rechnungswesenexperten) ein Gefühl dafür erhalten, wie Produktionsprozesse auf die Umwelt wirken.
Durch strenger werdende Umweltauflagen bekommen viele Unternehmen zusätzliche Anreize, rechtzeitig über unterschiedliche Produktionsaspekte nachzudenken. Auch die Konzepte, die bereits breite Anwendung finden, zielen hauptsächlich darauf ab, Prozessoptimierungen zu unterstützen. Verbreitete Beispiele dafür sind Ökobilanzen, die Berechnung von Carbon Footprints usw.
Greifbare Abhängigkeiten bei Prozessabläufen
Beispiele sind die Erhebung und Steuerung von physikalischen Informationen (wie Verbräuche oder daraus entste...