Für die Bewertung von Vermögenswerten und Schulden werden im Conceptual Framework verschiedene Bewertungsmaßstäbe angeführt (CF.6.1 ff.). Es geht um zwei Hauptbewertungsmaßstäbe – historical cost vs. current value – und insgesamt vier Ausprägungen dieser Maßstäbe, und zwar einheitlich für Vermögenswerte (assets) und Schulden (liabilities).
Bewertungsmaßstab |
Vermögenswerte |
Schulden |
I. historical cost |
Anschaffungs-/Herstellungskosten |
Vereinnahmungsbetrag |
II. current value |
|
|
a) fair value |
marktkonformer Veräußerungspreis am Stichtag |
marktkonformer Entpflichtungsbetrag am Stichtag |
b) entity specific value |
Nutzungswert (value in use) |
Erfüllungsbetrag (fulfilment value) |
c) current cost |
Wiederbeschaffungs-/Wiederherstellungskosten nach Stichtagsverhältnissen |
Vereinnahmungsbetrag nach Stichtagsverhältnissen |
Tab. 1: Conceptual Framework: Bewertungsmaßstäbe (CF.6.1 ff.)
Das Conceptual Framework liefert insgesamt eher abstrakte Definitionen möglicher Bewertungsmaßstäbe. Welcher Bewertungsmaßstab im Einzelnen zum Zuge kommt, ergibt sich hingegen aus den einzelnen Standards. Wichtigste Bewertungsmaßstäbe nach den Einzelstandards sind
- die fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten und
- der beizulegende Zeitwert (fair value).
Die fortgeführten Anschaffungs-/Herstellungskosten spielen etwa eine Rolle bei
- Vorräten (IAS 2) und
- Finanzinstrumenten, die Gläubigerrechte gewähren (Anleihen, Forderungen usw.; IFRS 9).
Der fair value gelangt etwa zur Anwendung bei
- Finanzinstrumenten, die Mitgliedschaftsrechte gewähren (Anteile; IFRS 9),
- Optionen, die an Mitarbeiter gewährt werden (IFRS 2),
- der Erstkonsolidierung eines erworbenen Unternehmens (IFRS 3).
In anderen Fällen bestehen Wahlrechte zwischen cost und fair value, so etwa bei
- Sachanlagen und immateriellen Anlagen (IAS 16 und IAS 38),
- Finanzimmobilien (investment properties; IAS 40).
Bis zur Verabschiedung von IFRS 13 waren die Regelungen zur Definition und Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts (fair value) in den jeweils betroffenen Standards enthalten, woraus sich einerseits eine hohe Redundanz (Wiederholung der immer gleichen Definitionen), andererseits auch partielle Widersprüche ergaben. Mit IFRS 13 wurden sie vor die Klammer gezogen. Es gilt nun, mit bestimmten Ausnahmen (etwa für IFRS 2), folgende Arbeitsteilung:
- Die anderen Standards legen fest, ob bzw. wo der fair value zur Anwendung gelangen kann oder muss.
- IFRS 13 legt fest, wie der nach den anderen Standards ggf. anwendungspflichtige oder anwendungsfähige fair value bewertungstechnisch zu ermitteln ist.
IFRS 13.72 ff. folgt einem an der Qualität der Bewertungsparameter orientierten Drei-Stufen-Modell für die Ermittlung des fair value:
- Bevorzugt (Level 1) ist der fair value als Preis an aktiven Märkten (Börsen usw.) zu bestimmen, so etwa bei der Bewertung notierter Wertpapiere.
- Erst in zweiter Linie (Level 2), also beim Fehlen aktiver Marktpreise kommt eine Ableitung aus beobachtbaren Marktdaten infrage, etwa bei einer marktorientierten Bewertung als Ableitung aus den notierten Preisen ähnlicher Güter, bei einer barwertorientierten Bewertung (DCF-Methode), indem hinsichtlich unterstellter Wachstumsraten (Zahlungsreihe) und Zinssatz (Diskontierung) nicht auf eigene, sondern auf öffentlich zugängliche (beobachtbare) Wachstumsraten und Zinssätze abgestellt wird.
- Den niedrigsten Rang (Level 3) hat eine Bewertung, die auf nicht beobachtbare Bewertungsparameter abstellt.
Die Übergänge zwischen Level 2 und Level 3 sind fließend, mit der Folge eines hohen Ermessens des Bilanzierers:
Beispiel
Bewertung einer Marke im Rahmen der Kaufpreisallokation (IFRS 3):
Die A AG erwirbt alle Anteile an der in der Kosmetikbranche tätigen C GmbH. Im Rahmen der Kaufpreisallokation ist die renommierte Marke "BeautyFuel" der GmbH zum fair value zu bewerten. Es liegen weder ein beobachtbarer Marktpreis noch Vergleichstransaktionen vor.
Das Management zieht folgende Bewertungsmethoden in Betracht:
- Barwert des Mehrgewinns (incremental cash flow) gegenüber Produktion und Absatz einer No-Name-Kosmetik;
- Lizenzpreisanalogie (relief from royalty): auf eine unternehmensspezifische Bezugsgröße (Umsatzerwartung) wird eine marktbasierte Lizenzierungsrate angewandt und die sich so ergebenden Opportunitätszahlungsströme diskontiert.
Die für die Lizenzrate zur Verfügung stehenden öffentlichen Datenquellen weisen erhebliche Schwankungsbreiten (3,0 % bis 9,0 %) auf und zwingen daher zu individuellen Anpassungen, die wegen IFRS 13.75 den Übergang von Level 2 zu Level 3 bedeuten. Die Mehrgewinnbetrachtung wird andererseits in wesentlichen Elementen auf internen Annahmen aufbauen müssen und ist wegen IFRS 13.73 daher ebenfalls Level 3 zuzurechnen.
Wie das Beispiel zeigt, limitiert die Verfahrenshierarchie die Ermessensspielräume des Unternehmens kaum, wenn die Bewertung nicht (fast) ausschließlich auf am Markt beobachtbare Inputfaktoren zurückgreifen kann und/oder diese Inputfaktoren nur in erheblichen Bandbreiten beobachtbar, also nur auf Basis subjektiver Anpa...