1.1 Fälligkeit
Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. d. § 37 AO richtet sich gem. § 220 Abs. 1 AO nach den Vorschriften der einzelnen Steuergesetze. Da die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zunächst durch Bescheid festgesetzt werden müssen, tritt die Fälligkeit gem. § 220 Abs. 2 Satz 2 AO nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein. Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig. Räumt die Finanzbehörde allerdings in einem solchen Fall in einem Leistungsgebot eine Zahlungsfrist ein, wird der Anspruch erst entsprechend später fällig.
Die Fälligkeit von festgesetzten Steueransprüchen ist meist in den einzelnen Steuergesetzen geregelt, so für die Einkommensteuer in § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG, § 37 Abs. 1 EStG, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Im Übrigen enthalten Steuerbescheide i. d. R. eine Zahlungsaufforderung mit Zahlungsfrist, die die Fälligkeit festlegt.
Verspätungszuschläge und Zwangsgelder entstehen erst mit ihrer Festsetzung und werden mit der Bekanntgabe der Festsetzung fällig. Da die Finanzbehörde jedoch mit dem Festsetzungsbescheid i. d. R. auch ein Leistungsgebot erlässt, indem sie eine Zahlungsfrist einräumt, legt sie hiermit die Fälligkeit abweichend fest.
Zinsen auf Steuern entstehen mit der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands. Sie werden durch Zinsbescheid festgesetzt. Auch hier setzt die Finanzbehörde mit einer Zahlungsaufforderung, mit der sie eine Zahlungsfrist setzt, den Fälligkeitszeitpunkt fest.
Säumniszuschläge entstehen mit Eintritt der Säumnis und werden nicht besonders festgesetzt. Sie werden mit ihrer Entstehung fällig, ohne dass es einer besonderen Zahlungsaufforderung bedarf.
1.2 Erhebliche Härte
Grundsätzlich sind die Finanzbehörden verpflichtet, Steuern und steuerliche Nebenleistungen i. S. d. § 3 Abs. 4 AO vollständig und gleichmäßig zu erheben. Es müssen also in einem Stundungsfall im Vergleich zu den Normalfällen besondere Umstände vorliegen, die die Erhebung zum Fälligkeitszeitpunkt als erhebliche Härte erscheinen lassen.
Dabei ist zwischen erheblicher Härte aus sachlichen und aus persönlichen Gründen zu unterscheiden.
1.2.1 Sachliche Härtegründe
Bei den sachlichen Stundungsgründen liegt die erhebliche Härte in den objektiven Umständen, unabhängig von der persönlichen wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn zu erwarten ist, dass die zu zahlende Steuer demnächst wieder zu erstatten sein wird, z. B. wenn ein Antrag auf Herabsetzung einer Steuer Erfolg haben wird, oder dass der Steuerpflichtige mit einer alsbaldigen Erstattung oder Vergütung anderer Steuern rechnen kann (sog. Verrechnungsstundung).
Konkreter Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen ist Voraussetzung
Voraussetzung für einen Stundungsanspruch in solchen Fällen ist, dass nicht nur eine ungewisse oder unbestimmte Aussicht auf Erstattung besteht, sondern dass der Gegenanspruch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit besteht und in absehbarer Zeit fällig wird. Dementsprechend kann z. B. die Stundung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen nicht verlangt werden, wenn zur Begründung des Stundungsantrags lediglich vorgebracht wird, dem Steuerpflichtigen stehe ein vom Finanzamt bisher nicht anerkannter Einkommensteuer-Erstattungsanspruch aus einer Einkommensteuer-Veranlagung zu.
Eine Stundung von Steuerabzugsbeträgen – auch im Zuge der Verrechnungsstundung – ist nach § 222 Satz 3 AO ausgeschlossen. Insbesondere die vom Arbeitgeber einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer kann also nicht gestundet werden, auch wenn sie alsbald wieder zu erstatten ist. Dabei wendet sich die Vorschrift des § 222 Satz 3 AO allein an den Steuerschuldner, also an den Arbeitnehmer. Dieser kann nicht durch einen Antrag auf (Verrechnungs-)Stundung der Lohnsteuer deren Abführung durch den Arbeitgeber zum Fälligkeitstag verhindern.
Keine Stundung von Steuerabzugsbeträgen gegenüber Arbeitnehmern
Ein Arbeitnehmer beantragt bei dem für seine Einkommensteuerveranlagung zuständigen Finanzamt Stundung der vom Arbeitgeber einbehaltenen und abzuführenden Lohnsteuer mit dem Ziel der Erstattung der Lohnsteuer an ihn. Eine Stundung ist ausgeschlossen.
Umstritten ist, ob der Arbeitgeber und der Schuldner der Kapitalerträge als Entrichtungsverpflichtete eine (Verrechnungs-)Stundung erhalten können, oder ob dies nach § 222 Satz 4 AO ausgeschlossen ist.
Keine Stundung von Steuerabzugsbeträgen gegenüber dem Arbeitgeber
Ein Arbeitgeber beantragt beim Betriebsstätten-Finanzamt Stundung der von ihm für seine Arbeitnehmer einbehaltenen und angemeldeten Lohnsteuer. Nach überwiegender Auffassung soll diese Stundung nach § 222 Satz 4 AO ausgeschlossen sein, da der Arbeitgeber für die von ihm einbehaltene Lohnsteuer auch ohne Ergehen eines Haftungsbescheids haftet, der Haftungsanspruch also dem Entric...