Leitsatz
1. Die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 11 UStG für die Umsätze u. a. aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler umfaßt auch die Tätigkeit sog. Generalvertreter gegen Superprovisionen bei der Vermittlung von Versicherungs- und Bausparkassenverträgen ( → Vermittlungsleistungen ).
2. Diese Steuerbefreiung schließt nach der BFH-Rechtsprechung zwar nur berufstypische Umsätze eines Versicherungs- oder Bausparkassenvertreters i. S. v. § 92 Abs. 1 und 5 HGB ein. Maßgeblich ist dafür der Handelsvertreterbegriff (§ 84 Abs. 1 Satz 1 HGB). Nach der Auslegung durch den BGH liegt „vermitteln” i. S. v. § 84 Abs. 1 HGB auch vor, wenn zwischen Unternehmer und Vermittler aus Zweckmäßigkeitsgründen eine mittlere Stufe eingerichtet wird und die Tätigkeit der zwischengeschalteten Person nach dem wirtschaftlichen Erscheinungsbild der eines echten Generalvertreters mit eigenem Vertreterstab nahekommt. Der → Handelsvertreter braucht bei den einzelnen Vertragsabschlüssen nicht persönlich mitzuwirken. Es kann genügen, daß er sich der Einstellung und Betreuung der ihm unterstellten Vermittler zu widmen hat.
3. Die Rechtsprechung zur Kreditvermittlung (§ 4 Nr. 8 Buchst. a UStG), derzufolge für eine Vermittlungstätigkeit die bewußte, finale Herbeiführung der Abschlußbereitschaft des Vertragspartners notwendig ist, steht nicht entgegen. Diese Befreiungsvorschrift betrifft die „Vermittlung von Krediten” und ist erfolgsbezogen ausgestaltet. Bei § 4 Nr. 11 hingegen geht es (nur) um das Merkmal „Versicherungsvertreter”.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 09.07.1998, V R 62/97
Hinweise:
Das Urteil betrifft einen selbständig tätigen „Vermögensberater”, der von einer Agentur in die Vermittlung von Versicherungs- und Bausparverträgen an Versicherungen und Banken eingeschaltet war. Als Vermögensberater „auf einer oberen Stufe” waren ihm mehrere Berater auf einer unteren Stufe unterstellt. Sein Aufgabenbereich erweiterte sich um Kontroll- und Managementaufgaben (sog. Geschäftsstellenleitung). Ein Untervertretungsverhältnis zwischen ihm und den untergeordneten Beratern bestand nicht. Die Provisionen des Klägers für die Vermittlung von Versicherungs- und Bausparverträgen teilte das FA insoweit auf, als es die sog. Superprovisionen, die der Kläger für die „Betreuung von ihm zugeordneten Vermögensberatern” erhalten hatte, als Entgelt für steuerpflichtige Umsätze (außerhalb der befreiten Vermittlungstätigkeit) behandelte. Es stützte sich auf die Rechtsprechung des BFH zur Steuerbefreiung der Kreditvermittlung (§ 4 Nr. 8 Buchst. a UStG), derzufolge bloße Ursächlichkeit der Tätigkeit zur Annahme einer Vermittlungstätigkeit nicht ausreiche. Der BFH folgte der Übernahme der auf die Merkmale der Vorschrift auf die anders formulierte Befreiung nach § 4 Nr. 11 UStG nicht. Letztere kann im Anschluß an die Rechtsprechung des BGH zum Handelsvertreterrecht nach der wirtschaftlichen Entwicklung der Vertretungstätigkeit weiter ausgelegt werden.