Der Untersuchungsgrundsatz bestimmt, dass die Finanzbehörde den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln hat. Sie bestimmt auch die Art und den Umfang der Ermittlungen. Die Finanzbehörde ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge des Steuerpflichtigen nicht gebunden. Der Umfang der Ermittlungspflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Das Finanzamt und der Steuerpflichtige haben angesichts komplizierter Lebenssachverhalte, kaum mehr interpretierbarer und sich ständig ändernder Steuergesetze ein verständliches Interesse daran, Sachverhalte abschließend und einvernehmlich zu regeln.
Die tatsächliche Verständigung kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in jedem Stadium des Veranlagungsverfahrens stattfinden, insbesondere
- auch anlässlich einer Außenprüfung und
- während eines anhängigen Rechtsbehelfs- bzw. Rechtsmittelverfahrens
Von ihr kann auch bei Steuerfahndungsprüfungen bzw. nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens Gebrauch gemacht werden. Auch vom Finanzrichter kann der Vorschlag für eine tatsächliche Verständigung gemacht werden.
Tatsächliche Verständigung erspart Einspruchs- und Klageverfahren
Die tatsächliche Verständigung dient in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung unter bestimmten Voraussetzungen daher der Effektivität der Besteuerung und dem Rechtsfrieden, da langwierige und kostenträchtige Rechtsbehelfsverfahren und Finanzgerichtsprozesse reduziert werden können.
So können sich Finanzamt und Steuerpflichtige über die Höhe des Rohgewinnaufschlagssatzes verständigen. Eine tatsächliche Verständigung ist dahingehend möglich, dass ein negativer Geschäftswert zum Einbringungszeitpunkt tatsächlich bestanden hat und dass sich bei dessen Berücksichtigung ein Unternehmenswert ergeben hat, der maximal in Höhe der Buchwerte liegt. Für den Fall, dass der negative Geschäftswert nicht zu berücksichtigen ist, können die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass die vom Steuerpflichtigen angesetzten Werte maßgeblich sind und der Aufstockungsbetrag lediglich gleichmäßig auf die einzelnen Wirtschaftsgüter zu verteilen ist. Eine tatsächliche Verständigung der Beteiligten über den Nichtabzug von Schuldzinsen, soweit sie nicht nach § 4 Abs. 4a S. 5 EStG von der Abzugsbeschränkung ausgenommen sind, ist möglich.
Tatsächliche Verständigung – Grenzüberschreitende Sachverhalte
Bei Vorliegen grenzüberschreitender Sachverhalte ist das Instrument der tatsächlichen Verständigung lt. Finanzverwaltung nur zurückhaltend anzuwenden. Die Finanzverwaltung verweist auf die bestehenden Instrumente der internationalen Verwaltungszusammenarbeit, z. B. die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Betriebsprüfung, sowie insbesondere § 162 Abs. 2 bis 4 AO.