Bereits für Wirtschaftsjahre ab 2003 verpflichtete der Gesetzgeber den Steuerpflichtigen zur Erstellung einer unternehmensbezogenen VP-Dokumentation. Geregelt ist dies in § 90 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO). Die konkreten Inhalte der VP-Dokumentation werden in der korrespondierenden Rechtsverordnung, der sog. Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV), geregelt.
Die deutschen Rechtsvorschriften zur VP-Dokumentation wurden jedoch zuletzt grundlegend aktualisiert und damit an die Empfehlungen der OECD angepasst. Im Rahmen des BEPS-Aktionspunkts 13 forderte die OECD die "Erarbeitung von Regelungen zur VP-Dokumentation mit dem Ziel der Verbesserung der Transparenz für Steuerverwaltungen unter Berücksichtigung der Befolgungskosten für Unternehmen". Im dazugehörigen Abschlussbericht aus dem Oktober 2015 empfiehlt die OECD die Einführung eines weltweit standardisierten, dreistufigen VP-Dokumentationsansatzes zur Erreichung dieser Zielsetzung. Dies wurde mittlerweile auch in den OECD-RL 2017 in Kapitel 5 aufgenommen. Gemäß den Empfehlungen der OECD soll die VP-Dokumentation künftig folgende Komponenten enthalten:
- Eine sog. "Stammdokumentation" mit einem Überblick über die Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe sowie deren Verrechnungspreissystem allgemein ("Master File").
- Eine landesspezifische, unternehmensbezogene Dokumentation über Geschäftsvorfälle des Unternehmens mit verbundenen Unternehmen ("Local File").
- Ein länderbezogener Bericht mit wesentlichen Informationen zu den einzelnen Konzerngesellschaften ("Country-by-Country-Reporting").
Im Rahmen des ersten BEPS-Umsetzungsgesetzes vom 20.12.2016 hat der deutsche Gesetzgeber den dreistufigen VP-Dokumentationsansatz (wie oben dargestellt) in nationales Gesetz implementiert. Die Anforderungen, die zur Erstellung eines Master Files erfüllt werden müssen, wurden in § 90 Abs. 3 AO n. F. ergänzt. Eine landesspezifische, unternehmensbezogene VP-Dokumentation, d. h. ein Local File, war in Deutschland bereits seit 2003 zu erstellen, jedoch wurden die Inhaltsanforderungen im Zuge der Aktualisierung des § 90 Abs. 3 AO n. F. erweitert. Die korrespondierende GAufzV mit den Inhaltsanforderungen wurde entsprechend aktualisiert. Das Country-by-Country-Reporting ("CbCR") wurde in § 138a AO neu im Gesetz verankert.
In der Praxis gilt es daher immer, vorab zu prüfen, ob die zu dokumentierenden Wirtschaftsjahre in den Anwendungsbereich der alten (Vor-BEPS-Zeitraum) oder neuen Rechtslage (Nach-BEPS-Zeitraum: für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2016 beginnen) fallen.
Die nachfolgenden Kapitel beschreiben die in Deutschland geltenden gesetzlichen Vorschriften zur VP-Dokumentation, die jeweiligen Abgabefristen, die Sanktionen bei Nichterfüllung der Vorschriften sowie weitere praxisrelevante Fragen. Außerdem werden die Anforderungen an den Inhalt der VP-Dokumentation auf Basis der deutschen Rechtsgrundlagen dargestellt, wobei insbesondere die Neuerungen durch die Einführung des dreistufigen VP-Dokumentationsansatzes erläutert werden.
Wichtig
In den nachfolgenden Kapiteln verwenden wir den Begriff "VP-Dokumentation" als Sammelbegriff für das Master File und die Local Files, jeweils im Nach-BEPS-Zeitraum. Dieser Begriff ist gleichbedeutend mit "Aufzeichnungen" (Terminologie des Gesetzgebers und des BMF). Soweit sich Regelungen explizit auf das Master File oder das Local File beziehen, werden wir dies deutlich benennen.
12.1.1 Praxisrelevante Fragen zu Fristen, Sanktionen, Sprache, Wesentlichkeit, Verwertbarkeit und Konzeptionierung
Dieses Kapitel greift typische Fragen aus der Praxis auf, die die Autoren nachfolgend aus Sicht der deutschen VP-Dokumentationsregelungen beantworten. Sofern es relevante Unterschiede gibt, wird jeweils eine Differenzierung für den Vor- sowie Nach-BEPS-Zeitraum vorgenommen.
Welche Aufzeichnungen sind für die Erstellung der VP-Dokumentation eines deutschen Unternehmens im Vor-BEPS-Zeitraum gesetzlich vorgeschrieben?
Die VP-Dokumentation für Wirtschaftsjah...