Im Rahmen von Einzelgesprächen mit den beteiligten Finanzbehörden in Deutschland und einem gemeinsamen Meeting im ersten Quartal des Jahres 0 mit Vertretern der Betriebsprüfung, der zuständigen Oberfinanzdirektion und dem Bundeszentralamt für Steuern, erläutert die Steuerabteilung der V AG die Rahmenbedingungen der bereits umgesetzten Intercompany-Transaktion und deren wirtschaftliche Beweggründe aus Unternehmenssicht. Mit einzelnen Vertretern der Finanzbehörde des benachbarten EU Landes werden ebenfalls orientierende Vorgespräche geführt. Aus Sicht der V AG ist das Ziel dieses Vorgehens sowohl die deutsche als auch die ausländische Finanzverwaltung von der Sinnhaftigkeit eines Joint Audits im vorliegenden Fall zu überzeugen. Nach interner Prüfung entscheiden die zuständigen Stellen beider beteiligten Finanzverwaltungen unabhängig voneinander in den darauf folgenden Monaten, die vom Steuerpflichtigen vorgelegte Transaktion im Rahmen eines Joint Audits zu prüfen. Dies ist eine gute Nachricht, da der Steuerpflichtige zwar keinen Rechtsanspruch auf ein Joint Audit hat, aber in jedem Fall den Impuls dafür geben kann (siehe Kapitel 13.2.2).
Die Steuerabteilung der V AG bereitet sich während des Jahres 0 auf den späteren Joint Audit Prozess intensiv vor. Dazu wird die intern vorliegende Dokumentation der Intercompany-Transaktion im Sinne einer Stärken-/Schwächen-Analyse einem unabhängigen Review durch eine externe Steuerberatungsgesellschaft unterworfen. Zusammen mit dem externen Berater und der Beratungsgesellschaft, welche die Umsetzung der Transaktion in der V AG seinerzeit steuerlich begleitet hatte, arbeitet ein dediziertes Projektteam in der Steuerabteilung der V AG die Stärken ("upside potentials") der Transaktion heraus, klärt die offenen Fragen und schließt die vom Berater aufgezeigten Lücken durch die Erstellung einer zusätzlichen Vorratsdokumentation. Das Projektteam tauscht sich über die Dauer der Vorbereitung und Durchführung des Joint Audits in wöchentlichen Abstimmungsmeetings regelmäßig aus. Weiterhin sucht die Steuerabteilung der V AG auch den Austausch mit anderen deutschen Unternehmen, die bereits einschlägige Joint-Audit-Erfahrung gesammelt haben.
Die ausländische Finanzverwaltung sendet der deutschen Finanzverwaltung schließlich ein Einladungsschreiben zur Einleitung eines gemeinsamen Multilateral Control (MLC) Verfahrens, in dem der Rahmen des geplanten Joint Audits, d. h. die näher zu prüfenden Transaktionen und deren Bestandteile, aus ihrer Sicht definiert wird. Ende Januar des Jahres 1 findet das erste Treffen des Steuerpflichtigen zur unmittelbaren Vorbereitung des Joint Audits mit Vertretern der ausländischen Finanzverwaltung statt, und zwar in den Geschäftsräumen der V-Gesellschaft in dem benachbarten EU-Land. Dabei stellt der Leiter Verrechnungspreise der V AG das Transferpreis Modell des Konzerns und die Rahmenbedingungen der umgesetzten Transaktion im Überblick vor. Im Nachgang übermittelt die ausländische Finanzverwaltung der Steuerabteilung der V AG im Laufe einiger Wochen mehrere umfangreiche Listen mit detaillierten Fragen zu verschiedenen Aspekten der verwirklichten Transaktion und den diesbezüglich vorliegenden Dokumentationsmaterialien, z. B. vertragliche Vereinbarungen, Organigramme, Benchmark-Studien, Gutachten, eine Übersicht zu den verlagerten Personalfunktionen, die Bewertungen der Funktionsverlagerung gemäß den deutschen steuergesetzlichen Vorschriften sowie die Erläuterung und Dokumentation der verwendeten Bewertungsparameter, Funktions- und Risikoprofile der beteiligten Gesellschaften, die Erklärung des Intercompany-Price-Setting-Prozesses zwischen den Transaktionspartnern, die Jahresabschlüsse der beteiligten Gesellschaften usw. Die Bereitstellung der Dokumentation und die diesbezügliche Kommunikation der ausländischen Finanzverwaltung mit der Steuerabteilung der V AG in Deutschland läuft über das lokale V-Tax-Team der ausländischen V-Gesellschaft, das ebenfalls zum Joint-Audit-Projektteam der V-Gruppe gehört.
Parallel dazu informiert die Steuerabteilung der V AG die zuständigen Vertreter der deutschen Finanzverwaltung (Landes- und Bundesbetriebsprüfung) über die Gespräche mit der ausländischen Competent Authority und deren Inhalte. Die Antworten auf alle Fragen der ausländischen Betriebsprüfer und sämtliche übermittelten Unterlagen, einschließlich der diesbezüglichen E-Mail Korrespondenz mit der ausländischen Finanzverwaltung, werden der deutschen Betriebsprüfung von ihren ausländischen Amtskollegen vollumfänglich zur Verfügung gestellt.