Die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO stellt eine Straftat dar und kann als solche gegenüber dem Verpflichteten bzw. der handelnden Person mit empfindlichen Geld- und Haftstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden. In besonders schweren Fällen ist eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren möglich. Bei einer Steuerhinterziehung von mehr als einer Million EUR erfolgt in der Regel keine Strafaussetzung zur Bewährung. Dies gilt insbesondere in Fällen sog. eigennütziger Steuerhinterziehung.
Die Steuerhinterziehung kann sowohl durch aktives Tun als auch durch pflichtwidriges Unterlassen begangen werden. Im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen kommt vorrangig eine Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unvollständige Angaben gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in Betracht. Unrichtig oder unvollständig können Angaben zu Verrechnungspreisen insbesondere sein, wenn der zugrunde gelegte Verrechnungspreis unangemessen ist. Um die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu überprüfen, muss daher der als angemessen geltende Verrechnungspreis bestimmt werden. Aufgrund verschiedener gesetzlich vorgesehener Ermittlungsmethoden existiert letztlich eine Bandbreite angemessener Verrechnungspreise, vgl. § 1 Abs. 3a S. 1 AStG. Richtigerweise muss diese Bandbreite auch bei der steuerstrafrechtlichen Prüfung Berücksichtigung finden und die Behörde muss nach dem auch im Steuerstrafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" innerhalb der zulässigen Bandbreite den für den Steuerpflichtigen günstigsten Verrechnungspreis ansetzen.
Als weitere Voraussetzung des § 370 Abs. 1 AO muss die unrichtige oder unvollständige Angabe eine Steuerverkürzung oder einen ungerechtfertigten Steuervorteil zur Folge haben. Wenn trotz einer unrichtigen Fremdvergleichsanalyse eine der Höhe nach zutreffende, also der Soll-Steuer entsprechende Erklärung abgegeben wird, sind grundsätzlich keine Steuern verkürzt. Allerdings kann in Fällen, in denen der Steuerpflichtige die Grundsätze des § 1 Abs. 3 AStG nicht berücksichtigt und die Höhe der Steuern lediglich zufällig richtig festgelegt wird, eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht kommen. Denkbar ist aber auch, dass die Verwaltung aufgrund des sog. Kompensationsverbots im Sinne des § 370 Abs. 4 S. 3 AO eine vollendete Steuerhinterziehung annimmt; dies hängt vom Einzelfall ab.
Eine Steuerhinterziehung kann gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO auch durch Unterlassen begangen werden, indem der Steuerpflichtige die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Dabei ist insbesondere die Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 AO zu beachten. Demnach hat (Pflicht!) der Steuerpflichtige seine Steuererklärungen unverzüglich zu berichtigen (d. h. richtigstellende Anzeige), wenn er erkennt,
- dass eine von ihm abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist oder
- dass eine durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstempeln zu entrichtende Steuer nicht in der richtigen Höhe entrichtet worden ist.
Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Berichtigung unverzüglich vorzunehmen ist. Grundsätzlich ist jedoch zunächst eine Anzeige mit erst anschließender Berichtigung zulässig.
Auf subjektiver Tatbestandsebene ist für alle Begehungsformen bedingter Vorsatz ausreichend. Haben die Unternehmensverantwortlichen vorab ein Compliance-Management-System oder ein internes Kontrollsystem eingerichtet und dieses auch gelebt, kann dies gegen den (bedingten) Vorsatz sprechen. Zudem ist die Einhaltung der Dokumentationspflichten insbesondere nach § 90 Abs. 3 AO ein Anhaltspunkt dafür, dass kein (bedingt) vorsätzliches Verhalten vorliegt.