Christof K. Letzgus, Dr. Ronald Gebhardt
Zinszahlungen einer deutschen Gesellschaft an eine im VK ansässige Gesellschaft unterliegen grundsätzlich nicht der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG und deshalb auch nicht der deutschen Kapitalertragsteuer.
Soweit ein Darlehen hingegen etwa durch deutschen Grundbesitz gesichert ist, erfolgt regelmäßig eine steuerliche Erfassung in Deutschland im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht des britischen Zahlungsempfängers.
Soweit die Zinserträge ausnahmsweise der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, sind die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 DBA-UK zu prüfen. Danach wird das Besteuerungsrecht für Zinsen i. S. d. DBA ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Gläubigers zugewiesen. Dies gilt nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 DBA-UK auch für Zinsen aus Forderungen, die mit Grundpfandrechten besichert sind oder die mit einer Gewinnbeteiligung verknüpft sind, soweit sie im Inland steuerlich nicht als Eigenkapitalinstrument behandelt werden (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Art. 10 Abs. 3 DBA-UK).
Im Rahmen der Prüfung der Abkommensberechtigung einer UK Darlehensgeberin nach § 50d Abs. 3 EStG ist Folgendes zu beachten: Für einen Fall, der Zinszahlungen auf Wandelanleihen betraf, hat das FG Köln zutreffend und im Anschluss an die EuGH-Rechtsprechung (EuGH vom 20.12.2017, C-504/16, 613/16, IStR 2018, 197 "Deister Holding/Juhler Holding") entschieden, dass auch im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit § 50d Abs. 3 EStG (2007) in dem Sinne geltungserhaltend einzuschränken ist, dass dem Steuerpflichtigen der Gegenbeweis i. S. e. Motivtests möglich sein müsse und dass das Verbot der Merkmalsübertragung durch eine im gleichen Abkommensstaat tätige, substanzhaltige Konzerngesellschaft (§ 50d Abs. 3 Satz 2 HS 2 EStG insoweit keine Anwendung findet (FG Köln vom 23.01.2019, 2 K 1315/13, IStR 2019, 390, mit Anm. Haase, a. a. O., 395, Az. BFH I R 27/19).
Soweit das AbzStEntModG weitere unilaterale Verschärfungen für den Nachweis der nach einem einschlägigen DBA (z. B. Art. 11 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 DBA-UK) gewährten Entlastungsberechtigung vorsieht, spricht u. E. prima facie vieles dafür, dass der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit im Grundsatz eröffnet ist und auch nicht über die Stand-Still-Klausel des Art. 64 AEUV "blockiert" wird.
Solange das VK noch als EU-Mitgliedstaat behandelt wurde, konnten auch Zinszahlungen einer EU-Schwestergesellschaft an eine deutsche GmbH durch die durch § 50 g EStG in nationales Recht umgesetzte EU-Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie von Quellensteuern vollständig entlastet werden, wenn die unmittelbare gemeinsame Muttergesellschaft ihrerseits in der EU ansässig ist und unter diese Richtlinie bzw. unter § 50 g EStG fällt. Dieser Schutz entfällt nach dem Brexit bzw. dem Ablauf des Übergangszeitraums.
Fallbeispiel 16
Die UK Limited ist gemeinsame Muttergesellschaft der T-GmbH und der griechischen GR-AE. Die GR-AE finanziert sich teilweise mit fremdüblich vergüteten Darlehen der T-GmbH.
Lösung
Nach dem Brexit bzw. nach Ablauf des Übergangszeitraums können auf die Zinszahlungen der GR-AE an die T-GmbH nach dem DBA zwischen Griechenland und Deutschland bis zu 10 % Quellensteuer einbehalten werden. Dadurch kann sich eine Status-Verschlechterung ergeben. Dies gilt insbesondere, wenn die T-GmbH steuerlich Verluste erzielt oder aus anderen Gründen die griechische Steuer nicht vollumfänglich auf die eigene Körperschaftsteuerschuld anrechnen kann. Ein Anrechnungsüberhang ist im geltenden Recht nicht vortragsfähig. Selbst bei voller Anrechnungsmöglichkeit ergibt sich in diesen Fällen aus der zeitlichen Differenz zwischen sofortigem Quellensteuereinbehalt in Griechenland und späterer Anrechnung im Inland zumindest ein vorübergehender Liquiditätsnachteil.