Aleksandra Amedov, Stephanie Tigges
Wesentlich umfangreicher als im Bereich der Einkünfte sind die Auswirkungen des Brexits auf der Ebene des Einkommens, insbesondere bei der Berücksichtigung von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen. Aufgrund der steuerlichen Behandlung des VK als Drittstaat fällt eine Reihe an Steuervergünstigungen weg, die nur unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige mit Bezug zu einem EU-/ EWR-Staat in Anspruch nehmen können, um die deutsche Steuerlast zu mindern.
Nach § 10 Abs. 1a EStG dürfen Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten als Sonderausgaben abgesetzt werden, wenn der Empfänger dem Abzug zustimmt. Sollte der Empfänger den Wohnsitz in der EU/im EWR haben, so ist der Abzug nach § 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG zulässig. Weitere Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige die Staatsangehörigkeit eines EU-/EWR-Staates hat und dass die Besteuerung der Zahlungen nachgewiesen wird. Die Staatsangehörigkeit des Empfängers ist dagegen ohne Bedeutung. Ab dem 01.01.2021 ist der Abzug der Unterhaltsleistungen nicht mehr möglich, wenn der Wohnsitz des Empfängers im VK bestehen bleibt.
Beispiel
A ist britischer Staatsbürger und zieht nach dem Wirksamwerden des Brexits und Ablauf der Austrittsvereinbarung nach Deutschland um, da er hier einen lokalen Arbeitsvertrag mit einer Bank abgeschlossen hat. A ist rechtskräftig geschieden. Seine geschiedene Ehefrau lebt weiterhin im VK. Nach der Scheidung ist A verpflichtet, Unterhalt i. H. v. 3.000 EUR/Monat an seine Ex-Frau zu zahlen.
Lösung
A ist in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und kann im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung insbesondere die steuerlichen Vergünstigungen des § 10 EStG in Anspruch nehmen. Die Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten sind nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG bis zu einem Betrag von 13.805 EUR abziehbar, wenn der Empfänger dem Ansatz zustimmt. Dies gilt auch dann, wenn der Empfänger nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, aber den Wohnsitz in einem EU-/EWR-Staat hat (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Nach Wirksamwerden des Brexits und Ablauf der Übergangszeit kann A die Unterhaltszahlungen nicht mehr als Sonderausgaben geltend machen, da das VK nicht mehr zur EU/zum EWR gehört und steuerlich als Drittstaat behandelt wird.
Auch im Bereich der Vorsorgeaufwendungen kann es zu erheblichen Nachteilen für den Steuerpflichtigen kommen. Zum einen sieht § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG vor, dass Vorsorgeaufwendungen i. S. d. Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a wie Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ungeachtet der Steuerfreiheit zugrunde liegender Einkünfte insoweit als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind, als sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der EU/des EWR erzielten Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit stehen, diese Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Inland steuerfrei sind und der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt. Eine Anwendbarkeit auf Beiträge im VK entfällt damit nach dem Brexit und dem Ablauf der Übergangszeit, soweit die zugrunde liegenden Einkünfte nach dem DBA-UK im Inland steuerbefreit sind.
Zum anderen sind nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG über die gesetzlichen Vorsorgeaufwendungen hinausgehende Zahlungen, die an ausländische Versicherungsunternehmen geleistet werden, nur dann als Sonderausgaben berücksichtigungsfähig, wenn das Versicherungsunternehmen seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung in einem EU-/EWR-Staat hat und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben darf. Entsprechende Aufwendungen an britische Versicherungsunternehmen qualifizieren ab dem 01.01.2021 nur dann als Sonderausgaben, wenn dem britischen Versicherungsunternehmen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt worden ist (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG). Sie müssen dazu eine Niederlassung im Inland begründen (§§ 67 ff. VAG).
Beispiel
A ist britischer Staatsbürger und für drei Jahre in Deutschland im Rahmen einer Entsendung tätig. A zahlt im VK Beiträge für diverse Versicherungen (private Renten-, Lebens-, Unfall- und Haftpflichtversicherung) i. H. v. 5.000 EUR. Kann A die geleisteten Beiträge nach Wirksamwerden des Brexits und Ablauf der Übergangszeit als Sonderausgaben berücksichtigen?
Lösung
Die Aufwendungen für sonstige Versicherungen können bis zu einem Betrag von 1.900 EUR (bzw. 3.800 EUR im Fall der Zusammenveranlagung) abgezogen werden. Sind die Beiträge zur Krankenversicherung höher als die oben genannten Höchstbeträge, so können diese Aufwendungen in voller Höhe abgezogen werden, die sonstigen Versicherungsbeiträge können in diesem Fall nicht mehr zum Abzug gebracht werden. Liegen die insgesamt geleisteten Krankenversicherungsbeiträge unter dem Betrag von 1.900 EUR bzw. 3.800 EUR bei Zusammenveranlagung, so können die sonstigen Versicherungen bis zur Ausschöpfung dieser Grenzen angesetzt...