Manuel Klingenberg, Nadja Simone Roß-Kirsch
Das Austrittsabkommen regelt darüber hinaus den Status von Familienangehörigen von "Alt-Briten". Der Begriff des Familienangehörigen richtet sich dabei nach den Regelungen des Art. 10 Abs. 1–4 des Austrittsabkommens. Geschützt werden folgende Gruppen:
- Familienangehörige i. S. d. Freizügigkeitsrichtlinie,
- nahestehende Personen i. S. d. Freizügigkeitsrichtlinie
Familienangehörige der ersten Gruppe sind der Ehegatte, der Lebenspartner und Verwandte in gerader absteigender Linie des britischen Staatsangehörigen sowie des Ehegatten oder des Lebenspartners, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesem Unterhalt gewährt wird. Dies gilt auch für Verwandte in gerader aufsteigender Linie des britischen Staatsangehörigen oder des Ehegatten oder des Lebenspartners, denen von diesem Unterhalt gewährt wird.
Das Austrittsabkommen knüpft dabei den Status des Familienangehörigen an die Rechte einer Person, die selbst unter das Austrittsabkommen in Art. 10 Abs. 1 Buchst. b und d des Austrittsabkommens fällt. Das sind demnach die Personen, die ein Freizügigkeitsrecht ausgeübt haben und in Deutschland wohnen, oder britische Staatsangehörige, die ihr Freizügigkeitsrecht ausgeübt haben, aber Grenzgänger sind.
Einzige Ausnahme sind unter Art. 10 Abs. 1 Buchst. f des Austrittsabkommens fallende Familienangehörige, die am Ende des Übergangszeitraums aufgrund eines eigenständigen freizügigkeitsrechtlichen Aufenthaltsrechts in Deutschland gewohnt haben. Darunter fallen alle Personen, die ein sog. Daueraufenthaltsrecht erworben haben. Hierbei wird vorausgesetzt, dass sich der Familienangehörige mindestens fünf Jahre im Bundesgebiet aufgehalten und dabei zusammen mit dem Unionsbürger oder britischen Staatsbürger im Bundesgebiet gelebt hat.
Entsprechend lassen sich folgende Fallgruppen bilden:
Familienangehörige, die zum Ende des 31.12.2020 in Deutschland wohnen:
Diese Personen haben ein Aufenthaltsrecht nach dem Austrittsabkommen, soweit sie mit einem britischen Staatsbürger in Deutschland zusammengewohnt haben und weiterhin zusammen wohnen. Wohnen ist dabei wie oben beschrieben die Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Deutschland.
Familienangehörige, die zum Ende des 31.12.2020 nicht in Deutschland wohnen:
Diese Personen haben ein Aufenthaltsrecht nach dem Austrittsabkommen nur dann, wenn sie mit dem britischen Staatsbürger verheiratet sind, eine eingetragene Lebenspartnerschaft haben oder mit dem britischen Staatsangehörigen direkt verwandt beziehungsweise verschwägert sind.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu verstehen, dass es sich bei den Familienangehörigen jeweils um abgeleitete Rechtspositionen zu einem Rechteinhaber nach dem Austrittsabkommen handeln muss. Dies geht so weit, dass der Schutz für Familienangehörige aus dem Austrittsabkommen auch dann gegeben ist, wenn die familiären Bindungen zum Zeitpunkt des vorgesehenen Nachzugs schon bestehen, der Familienangehörige selbst aber erst nach dem Ende des Übergangszeitraums nach Deutschland umzieht.
Der Schutz von nahestehenden Personen eines britischen Staatsbürgers ist ebenfalls durch das Austrittsabkommen gewährleistet. Im deutschen Recht war diese Regelung der Freizügigkeitsrichtlinie bisher nicht umgesetzt. Den Begriff der nahestehenden Personen definiert dabei nicht das Austrittsabkommen, die Definition ergibt sich vielmehr aus dem Zusammenspiel von Freizügigkeitsrichtlinie und Freizügigkeitsgesetz/EU. Demnach sind nahestehende Angehörige:
Verwandte i. S. d. § 1589 des BGB und die Verwandten des Ehegatten oder des Lebenspartners, die nicht Familienangehörige der Person i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU sind. Hinzukommen muss aber, dass
- der britische Staatsangehörige dem Verwandten zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung seit mindestens zwei Jahren und nicht nur vorübergehend Unterhalt gewährt, der britische Staatsangehörige mit der nahestehenden Person in dem Staat, in dem sie vor der Verlegung des Wohnsitzes gewohnt hat, in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat und die häusliche Gemeinschaft zwischen dem britischen Staatsangehörigen und ihm mindestens zwei Jahre bestanden hat oder
- nicht nur vorübergehend schwerwiegende gesundheitliche Gründe zum Antragszeitpunkt die persönliche Pflege der nahestehenden Person durch den britischen Staatsangehörigen zwingend erforderlich machen.
- ledige Kinder, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unter Vormundschaft von oder in einem Pflegekindverhältnis zu dem britischen Staatsangehörigen stehen und keine Verwandten in gerader absteigender Linie unter 21 Jahren sind, sofern der britische Staatsangehörige mit ihnen im Bundesgebiet für längere Zeit in familiärer Gemeinschaft zusammenleben wird und sie vom britischen Staatsangehörigen abhängig sind, oder
- eine Lebensgefährtin oder ein Lebensgefährte, mit der oder dem der britische Staatsangehörige eine ordnungsgemäß bescheinigte, auf Dauer angelegte Gemeinschaft eingegangen ist, die keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zu...