Der Begriff des Konsignationslagers wird in der umsatzsteuerlichen Literatur gemeinhin zur Bezeichnung eines bestimmten Typs eines Warenlagers in einem anderen Staat verwendet. Der Lieferant beschickt das entsprechende Lager mit Waren, bleibt jedoch sowohl zivilrechtlicher als auch umsatzsteuerrechtlicher Eigentümer (vgl. OFD Frankfurt am Main, Vfg. vom 07.12.2017, S 7100a – A – 004- St 110), bis der Kunde die Ware aus dem Lager entnimmt. Eine umsatzsteuerliche Definition entsprechender Lager gab es bis zum 31.12.2019 weder im Umsatzsteuergesetz noch in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Dies hat sich mit Wirkung zum 01.01.2020 teilweise verändert.
3.2.2.7.1 Rechtslage und Behandlung bis zum 31.12.2019
Die langjährige Sichtweise sowohl der deutschen Finanzrechtsprechung als auch der Finanzverwaltung ging für die genannten Warenlager regelmäßig von der im folgenden dargestellten umsatzsteuerlichen Handhabung aus: da der liefernde Unternehmer noch keine Verfügungsmacht im umsatzsteuerlichen Sinne an den Kunden verschaffte, wenn er Waren in das Lager transportierte, kam es bei Beschickung des Lagers noch nicht zu einer umsatzsteuerlichen Lieferung an den Kunden (vgl. OFD Frankfurt am Main, Vfg. vom 07.12.2017, S 7100a – A – 004- St 110). Vielmehr verwirklichte der Lieferant mit der Lagerbeschickung den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Verbringens von Waren in das übrige Gemeinschaftsgebiet. Befand sich das Lager außerhalb Deutschlands, hatte sich der Lieferant grundsätzlich im anderen Staat mehrwertsteuerlich erfassen zu lassen. Er erklärte dann jede Beschickung des Lagers als einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestelltes innergemeinschaftliches Verbringen (vgl. § 3 Abs. 1a UStG) und meldete korrespondierend einen innergemeinschaftlichen Erwerb (vgl. § 1a UStG analog) im Lagerstaat.
Verkäufe von Waren im Kontext einer Entnahme aus dem Lager waren als lokale, grundsätzlich unbewegte Lieferungen im Lagerstaat der Mehrwertsteuer zu unterwerfen. Vorbehaltlich eines lokal greifenden Verfahrens der Steuerschuldnerschaft der Leistungsempfänger musste der Lieferant mit lokaler Mehrwertsteuer an den Kunden abrechnen. Beschickte ein Lieferant ein in Deutschland belegenes entsprechend strukturiertes Warenlager mit Waren aus einem anderen Mitgliedstaat der EU, galt die gleiche Beurteilung. Der ausländische Lieferant war aufgrund des verwirklichten Tatbestandes des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Inland sowie des bei Verkäufen verwirklichten Tatbestandes der im Inland steuerbaren Lieferung (Ausnahme: Lieferungen bestimmter Waren, die von § 13b UStG erfasst waren) jeweils zu einer umsatzsteuerlichen Registrierung und damit verbundenen Anmeldung und Abführung von Umsatzsteuer verpflichtet.
Beispiel
Die Pickwick Ltd. aus dem VK richtet beim deutschen Abnehmer Schnell GmbH ein Konsignationslager ein. Sie verbringt im Monat Mai 2018 Waren im Wert von 1 Mio. EUR netto aus dem VK nach Deutschland. Die Schnell GmbH entnimmt im Monat Mai 2018 aus dem Warenlager Waren im Wert von 500.000 EUR.
Lösung
Die Pickwick Ltd. muss sich beim Finanzamt Hannover-Nord umsatzsteuerlich registrieren und beim Bundeszentralamt für Steuern eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen. Sie erklärt im Monat Mai 2018 unter der Annahme des Regelsteuersatzes für die Waren einen innergemeinschaftlichen Erwerb mit einer Bemessungsgrundlage von 1 Mio. EUR, worauf 190.000 EUR Umsatzsteuer entfallen. Diese Umsatzsteuer wird periodengleich als Vorsteuer geltend gemacht. Für den Warenverkauf an den deutschen Kunden meldet die Gesellschaft im Monat Mai 2018 eine Bemessungsgrundlage von 500.000 EUR und darauf entfallende Umsatzsteuer von 95.000 EUR, die an das Finanzamt Hannover-Nord zu zahlen ist.
3.2.2.7.2 Vereinfachungsregeln
Viele Mitgliedstaaten der EU haben in der Vergangenheit sog. Vereinfachungsregeln für Konsignationslager erlassen. Diese Vereinfachungsregeln weichen grundsätzlich von den Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ab. Sie sehen vor, dass ausländische Unternehmen, die Konsignationslager in ihrem Territorium beschicken, sonst aber keine mehrwertsteuerlich relevante Präsenz (insbesondere keine feste Niederlassung) dort unterhalten, ggf. nicht zu einer mehrwertsteuerlichen Registrierung verpflichtet sind.
Die Ausgestaltung der Vereinfachungsregeln zeigt dabei ein weites Spektrum. Es gibt Staaten, die ohne weitere Bedingungen von einer lokalen Registrierung Abstand nehmen. Andere verlangen, dass die gelagerten Waren spätestens innerhalb einer bestimmten Frist (i. d. R. Zeiträume zwischen drei Monaten und einem Jahr) entweder an den Kunden übereignet oder in den Herkunftsstaat zurückgebracht werden. Wieder andere Staaten sehen ergänzende Bedingungen vor (vgl. OFD Frankfurt am Main, Vfg. vom 07.12.2017, S 7100a – A – 004- St 110).
Deutschland hatte sich in der Vergangenheit stets gegen eine Vereinfachungsregelung ausgesprochen. Daher führten inländische Lager mit EU-Waren grundsätzlich zu einer Registrierungspflicht eines ausländischen Lieferanten (vgl. OFD Frankfurt am Main, Vfg. vom 07...