Das Mini-One-Stop-Shop-Verfahren wurde mit Wirkung zum 01.01.2015 im Zusammenhang mit der Neuregelung der Leistungsorte von Telekommunikationsleistungen, Rundfunkleistungen, Fernsehbeiträgen und elektronisch erbrachte Dienstleistungen (vgl. § 3a Abs. 5 UStG bzw. Art. 58 MwStSystRL) an Nichtunternehmer erstmals für Unternehmen mit Sitz in der EU eingeführt (vgl. Art. 369a bis 369k MwStSystRL, deutsche Umsetzung durch § 18 Abs. 4e UStG). Vorher bestand eine ähnliche Regelung bereits für entsprechende Leistungen, die von nicht in der EU ansässigen Unternehmen an Nichtunternehmer in der EU erbracht wurden (vgl. Art. 358 bis 369 MwStSystRL, deutsche Umsetzung durch § 18 Abs. 4c UStG.

Bekanntlich gilt im Mehrwertsteuersystem der EU der Grundsatz, dass ein Steuerpflichtiger, der Steuerschuldner von Mehrwertsteuer ist, selbst verpflichtet ist, die entsprechende Mehrwertsteuer bei der zuständigen Steuerbehörde anzumelden und zu entrichten. Schuldet ein Steuerpflichtiger Mehrwertsteuer in einem anderen Staat als dem Staat, in dem er sein Unternehmen betreibt oder eine Niederlassung angemeldet hat, so muss er sich im entsprechenden Staat für Mehrwertsteuerzwecke erfassen und dort die vorgeschriebenen mehrwertsteuerlichen Meldepflichten erfüllen.

Das Mini-One-Stop-Shop-Verfahren weicht von diesem Grundsatz ab. Es ermöglicht einem Steuerpflichtigen seine steuerlichen Pflichten in anderen Staaten durch Abgabe besonderer Meldungen in seinem Sitzstaat (ggf. Niederlassungsstaat) zu erfüllen. Er meldet dann getrennt nach Staaten die jeweiligen Bemessungsgrundlagen und bezahlt die Mehrwertsteuer insgesamt an den Registrierungsstaat. Dieser wiederum nimmt einen zwischenstaatlichen Geldausgleich mit den Staaten vor, in denen die Steuer tatsächlich geschuldet wird. Das Verfahren ist dabei an die Einhaltung verschiedener Voraussetzungen und rechtzeitige Antragstellung gebunden. Es ermöglicht insbesondere Unternehmen, die Dienstleistungen der geschilderten Art ausführen, anstelle einer Registrierung in bis zu 27 anderen Staaten der EU die steuerlichen Pflichten im Heimatland zu erfüllen.

Ab dem 01.07.2021 gilt das Mini-One-Stop-Shop-Verfahren bei EU-Unternehmen zusätzlich für den neu geregelten innergemeinschaftlichen Versandhandel ("innergemeinschaftliche Fernverkäufe" und "Fernverkäufe von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen" in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR) einschließlich der Lieferungen über "elektronische Schnittstellen" sowie grundsätzlich für alle Dienstleistungen an Nichtunternehmer. Das Verfahren wird ab diesem Zeitpunkt in "One-Stop-Shop-Verfahren" ("OSS") umbenannt.

Nicht-EU-Unternehmen können das OSS-Verfahren zukünftig auch für Fernverkäufe von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR nutzen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel

Die deutsche Privatperson Elena Edel lädt sich auf ihr Smartphone eine kostenpflichtige App, die Zugang zu einer britischen Tageszeitung in digitaler Form ermöglicht. Der App-Anbieter ist ein britisches Unternehmen. Der Vorgang ist mit deutscher Umsatzsteuer abzurechnen. Will der App-Anbieter eine vollständige umsatzsteuerliche Registrierung in Deutschland vermeiden, könnte er sich für das MOSS-Verfahren anmelden. Er erklärt dann den Umsatz und die deutsche Umsatzsteuer bei der britischen Finanzbehörde und zahlt auch an diese. Die Weiterleitung zwischen den Staaten erfolgt im Hintergrund.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge