Leitsatz
1. Die verdeckte Einlage von Wirtschaftsgütern des bisherigen Einzelunternehmers und jetzigen Besitzunternehmers in das Betriebsvermögen einer zuvor zwischen dem Besitzunternehmer und einem nahen Angehörigen im Weg der Bargründung errichteten GmbH (Betriebsgesellschaft) führt zu einer Entnahme der betreffenden Wirtschaftsgüter durch den Besitzunternehmer gem. § 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG und damit zu einer Gewinnrealisierung in Höhe des Bruchteils, welcher der Beteiligungsquote des nahen Angehörigen (Nur-Betriebsgesellschafters) an der Betriebs-GmbH entspricht.
2. Übertrug der Besitzunternehmer vor In-Kraft-Treten des § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 Teile seines Betriebsvermögens teilentgeltlich (hier: gegen Buchwertentgelt) auf die Betriebs-GmbH, so sind die Übertragungsvorgänge hinsichtlich jeden einzelnen Wirtschaftsguts im Verhältnis des Entgelts zum Teilwert in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzusplitten. Hinsichtlich der entgeltlichen Teile liegen (Gewinn realisierende) Veräußerungsgeschäfte und bezüglich der unentgeltlichen Teile verdeckte Einlagen vor.
3. Werden bei der Begründung einer Betriebsaufspaltung sämtliche Aktiva und Passiva einschließlich der Firma mit Ausnahme des Immobiliarvermögens auf die Betriebsgesellschaft übertragen und das vom Besitzunternehmer zurückbehaltene Betriebsgrundstück der Betriebsgesellschaft langfristig zur Nutzung überlassen, so geht der im bisherigen (Einzel-)Unternehmen entstandene (originäre) Geschäftswert grundsätzlich auf die Betriebsgesellschaft über (Anschluss an BFH, Urteil vom 27.3.2001, I R 42/00, BStBl II 2001, 771).
Normenkette
§ 4 Abs. 1 EStG , § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG , § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb bis zum Streitjahr 1997 ein gewerbliches Einzelunternehmen. Am 27.8.1997 gründete sie mit ihrem Sohn S die X-GmbH. Am Stammkapital der bar gegründeten GmbH waren die Klägerin mit 60 % und S mit 40 % beteiligt.
Am 1.9.1997 veräußerte die Klägerin sämtliche aktiven und passiven Wirtschaftsgüter ihres Einzelunternehmens mit Ausnahme des Betriebsgrundstücks zu Buchwerten an die X-GmbH. Das Betriebsgrundstück vermietete die Klägerin langfristig an die GmbH. Diese führte nunmehr das bisherige Einzelunternehmen fort.
Das Finanzamt ging davon aus, dass in Höhe der auf S entfallenden GmbH-Beteiligungsquote (40 %) die in den übertragenen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven durch Entnahme aufgedeckt worden seien. Das FG bestätigte die Verwaltungsentscheidung mit Zwischenurteil. Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.
Entscheidung
Soweit die Buchwertansätze der übertragenen Wirtschaftsgüter keine stillen Reserven enthalten hätten, hätten die Übertragungsvorgänge vollentgeltliche Geschäfte dargestellt, ohne dass die Klägerin insoweit Veräußerungsgewinne erzielt habe.
Auch eine verdeckte Einlage habe insoweit von vorneherein nicht zur Diskussion gestanden.
Soweit in den Bilanzansätzen der übertragenen aktiven Wirtschaftsgüter hingegen stille Reserven enthalten gewesen seien, hätten in Höhe der Quotienten, die sich aus der Division der Buchwertentgelte durch die Teilwerte ergäben, entgeltliche Geschäfte und in Höhe der komplementären Bruchteile unentgeltliche Geschäfte (verdeckte Einlagen) vorgelegen.
Soweit allerdings die übertragenen Wirtschaftsgüter – hier namentlich der (originäre) Geschäftswert – in der Bilanz des Besitzunternehmens nicht zu aktivieren gewesen seien, komme mangels jedweden Entgelts eine solche Aufteilung der Übertragungsvorgänge nicht in Betracht. Insoweit hätten in vollem Umfang unentgeltliche Übertragungen vorgelegen. Der von der Klägerin erzielte Veräußerungsgewinn aus den entgeltlichen Teilen der jeweiligen Übertragungsgeschäfte ergebe sich sodann aus den Differenzen zwischen den Veräußerungspreisen und den anteiligen – auf die entgeltlichen Teile der Geschäfte entfallenden – Buchwerten.
Bezüglich der unentgeltlichen Teile der jeweiligen Übertragungsgeschäfte hätten verdeckte Einlagen und diesen vorgeschaltete Entnahmen der Klägerin aus ihrem Einzelunternehmen insoweit vorgelegen, als die anteiligen stillen Reserven auf die GmbH-Beteiligungsquote des S (40 %) entfallen seien. Der Entnahmegewinn habe in der Differenz zwischen 40 % der auf die unentgeltlichen Teile der Übertragungsgeschäfte entfallenden Teilwerte der betreffenden aktiven Wirtschaftsgüter und 40 % der auf die unentgeltlichen Teile entfallenden Buchwerte bestanden.
Hinweis
1. Das Besprechungsurteil stellt zunächst klar, dass bei der teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter vom Besitzunternehmen auf die Betriebs-GmbH – anders als bei der (teilentgeltlichen) Übertragung ganzer Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile – nicht die "Einheitstheorie", sondern die "Trennungstheorie" gilt (vgl. dazu allgemein z.B. Schmidt/Wacker, EStG, 23. Aufl., § 16 Rz. 58 f.). Nach der "Trennungstheorie" sind die einzelnen Übertragungsges...