Zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit gehört gem. § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG auch der Gewinn, der bei der Veräußerung eines selbstständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbstständigen Arbeit dient. Der Ausdruck "selbstständiger Teil des Vermögens" in § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG, sog. Teilpraxis, ist im Gesetz nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des BFH ist er unter entsprechender Heranziehung der Voraussetzungen des gewerblichen Teilbetriebs i. S. d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu bestimmen.
Ein Teilbetrieb ist generell ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter, organisatorisch in sich geschlossener und für sich lebensfähiger Teil des Gesamtbetriebs. Der Begriff "Teilpraxis" entspricht zwar prinzipiell diesem gewerblichen Teilbetriebsbegriff, allerdings hat die persönliche Arbeitsleistung bei Freiberuflern größeres Gewicht und deshalb deren Ausübung in sachlich oder örtlich abgrenzbaren Bereichen stärkere Bedeutung als bei Gewerbetreibenden. Im Hinblick auf die Eigenart der selbstständigen Arbeit, insbesondere das Abstellen auf die persönliche Betätigung bei Teilen einer freiberuflichen Praxis, kann bei Freiberuflern die erforderliche Selbstständigkeit eines freiberuflichen Teilbetriebs prinzipiell nur bei 2 Fallgruppen angenommen werden, und zwar,
1.1.1 Fallgruppe 1: Wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten werden für unterschiedliche Leistungsempfänger ausgeübt
Für die Frage, ob eine Teilpraxis vorliegt, sind die Verhältnisse beim Übertragenden im Zeitpunkt der Veräußerung entscheidend. Die Veräußerung einer Teilpraxis setzt eine vor der Veräußerung ausgeübte freiberufliche Tätigkeit voraus, die sich von der übrigen Tätigkeit abgrenzbar unterscheidet. Die Unterscheidung kann nach sachlichen oder nach örtlichen Gesichtspunkten vorzunehmen sein.
Eine sachliche Abgrenzung im Sinne der 1. Fallgruppe besteht, wenn
- ein Freiberufler zwei der Sache nach, also wesensmäßig verschiedenartige freiberufliche Tätigkeiten mit verschiedenen Kunden-, Mandanten- oder Patientenkreisen ausübt und
- beide Praxisteile organisatorisch und hinsichtlich der Mandantschaft getrennt sind, z. B. ein Rechtsanwalt, der zugleich als Steuerberater tätig ist.
Teilpraxen setzen eine organisatorische Verselbstständigung voraus
Auch wenn ein Freiberufler zwei wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten mit zugehörigen unterschiedlichen Kunden- oder Patientenkreisen ausübt (1. Fallgruppe), setzt die Annahme zweier Teilpraxen das Vorliegen einer gewissen organisatorischen Verselbstständigung der verschiedenen Praxisteile voraus. Die getrennte Buchführung bzw. Gewinnermittlung ist nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme einer Teilpraxis, wenn andere Umstände, wie die räumliche Trennung oder der Einsatz besonderen Personals, die organisatorische Selbstständigkeit hinreichend deutlich werden lassen.
Teilpraxen
- Die Veräußerung des Anwaltspraxisanteils durch einen Anwaltsnotar ist die Veräußerung einer Teilpraxis i. S. d. § 18 Abs. 3 EStG. Dass die Zulassung als Rechtsanwalt beibehalten wird, ist unschädlich.
- Eine begünstigte Teilpraxisveräußerung liegt auch vor, wenn ein Arzt, der sowohl als Allgemeinmediziner als auch auf arbeitsmedizinischem Gebiet tätig ist und diese Tätigkeit in organisatorisch selbstständigen Praxisteilen mit unterschiedlichen Kunden- und Patientenkreisen und unterschiedlichem Personal ausübt, einen dieser Praxisteile veräußert.
Von derart verschiedenartigen und zugleich organisatorisch selbstständigen Berufstätigkeiten ein und desselben Steuerpflichtigen kann allerdings nicht gesprochen und demzufolge keine steuerbegünstigte Teilpraxisveräußerung anerkannt werden, wenn
- ein Steuerberater von seiner freiberuflichen Praxis lediglich denjenigen Teil veräußert, in dem nur Buchführungsarbeiten durchgeführt werden,
- ein Steuerberater, der eine land...