Leitsatz
1. Eine Spezialeinlage, die ein Arbeitgeber in eine schweizerische Pensionskasse zur Erleichterung des vorzeitigen Ruhestandes seines Arbeitnehmers und zum Ausgleich der damit verbundenen Rentenminderungen leistet, kann gemäß § 3 Nr. 28 EStG zur Hälfte steuerfrei sein. Voraussetzung ist aber, dass die Zahlung in das Obligatorium der Pensionskasse geleistet wird.
2. Soweit die Spezialeinlage nicht gemäß § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei ist, kann sie gemäß § 34 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ermäßigt besteuert werden.
Normenkette
§ 3 Nrn. 28, 62, 56 und 63, § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b, § 10, § 19, § 24, § 34 EStG, § 55 Abs. 2 EStDV, § 2 Abs. 1 Nr. 3 LStDV, Art. 9 Anhang 1 EGFreizügAbk Schweiz, § 187a SGB VI
Sachverhalt
Der 1950 geborene Kläger arbeitete bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung als Grenzgänger für in der Schweiz ansässige privatrechtliche Arbeitgeber. Im Zuge der Übernahme seines letzten Arbeitgebers durch die X-AG und der sich anschließenden Restrukturierungsmaßnahmen endete das Arbeitsverhältnis des Klägers im Streitjahr 2010. Die von ihm danach von der schweizerischen Pensionskasse bezogene Rente war unter Zugrundelegung des Sozialplans so berechnet worden, dass die Rentenminderungen infolge der vorzeitigen Pensionierung des Klägers teilweise ausgeglichen wurden. Zur Finanzierung dieser pro Monat erhöhten Altersrente sowie einer Alters-Zusatzrente zahlte der Arbeitgeber im Streitjahr Spezialeinlagen in die Pensionskasse ein, deren Mitglied der Kläger seit Beginn seiner Tätigkeit in der Schweiz war.
Das FA war der Auffassung, die Spezialeinlagen seien steuerpflichtige Lohnzuwendungen, die nach § 34 EStG ermäßigt besteuert werden könnten. Das FG entschied hingegen, diese seien nach § 3 Nr. 28 EStG i.V.m. § 187a SGB VI zur Hälfte steuerfrei. Der steuerpflichtige Teil der Spezialeinlage könne gemäß § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt besteuert werden (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 18.9.2014, 3 K 1507/13, Haufe-Index 7757310).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte Erfolg. Der BFH hob das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Dieses hat nun festzustellen, inwieweit die Spezialeinlagen der Finanzierung der obligatorischen Altersvorsorge gedient haben.
Hinweis
Das Hauptproblem dieses Urteils, in dem im Übrigen auch viele weitere steuerliche Aspekte im Zusammenhang mit der Altersvorsorge eines Grenzgängers im Verhältnis zur Schweiz behandelt werden, war die Qualifizierung von Spezialzahlungen eines Arbeitgebers in eine schweizerische privatrechtliche Pensionskasse. Diese Leistungen waren erbracht worden, um die Renteneinbußen des Arbeitnehmers aufgrund der – vom Arbeitgeber aufgrund von Umstrukturierungen gewünschten – vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine befristete Zusatzrente und durch eine erhöhte Altersrente auszugleichen.
1. Eine derartige Spezialeinlage ist zweifelsfrei Arbeitslohn gemäß § 19 EStG, sie kann aber gemäß § 3 Nr. 28 EStG zu 50 % steuerfrei sein. Das Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz verlangt eine Gleichbehandlung der Spezialeinlagen mit den in § 3 Nr. 28 EStG genannten Aufstockungsbeiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung – aber nur, wenn diese auch wirklich vergleichbar sind. Eine Vergleichbarkeit der Altersversorgung durch schweizerische private Pensionskassen mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung hat der BFH – in inzwischen ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 26.11.2014, VIII R 38/10, BFH/NV 2015, 1139, BFH/PR 2015, 339, BStBl II 2016, 657) – lediglich für deren obligatorische Versorgung bejaht, nicht aber für deren überobligatorische Versorgung.
Nebenbei bemerkt: Der X. Senats sieht dies bei den öffentlich-rechtlichen Pensionskassen anders: Er qualifiziert hier sowohl das Obligatorium als auch das Überobligatorium als Basisversorgung (s. BFH, Urteil vom 23.11.2013, X R 33/10, BFH/NV 2014, 243, BFH/PR 2014, 78, BStBl II 2014, 103).
2. Der nicht steuerfreie Teil der Spezialeinlage stellt eine Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG dar, mit der Folge, dass er nach § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt besteuert werden kann.
3. Zusätzlich kann eine Spezialeinlage – soweit sie nicht steuerfrei ist – als Sonderausgabe Berücksichtigung finden.
Der steuerpflichtige, das Obligatorium betreffende Anteil kann gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa EStG in den Grenzen des § 10 Abs. 3 EStG abgezogen werden.
In Bezug auf den das Überobligatorium betreffenden Teil der Spezialzahlung ist ein Abzug gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a oder Buchst. b (Rürup-Rente) nicht möglich. Bei Arbeitnehmern, die vor 2005 der Pensionskasse beigetreten sind, kommt lediglich eine Berücksichtigung der Beiträge gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG in Betracht – jedoch nur dann, wenn die Höchstbeträge des § 10 Abs. 4 EStG nicht bereits anderweitig ausgeschöpft worden sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.5.2017 – X R 10/15