Leitsatz
Ob Investmentanteile aufgrund einer voraussichtlich dauernden Minderung ihres Werts nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden können, ist bei der gebotenen typisierenden Gesetzesauslegung nach den für börsennotierte Aktien geltenden Grundsätzen zu entscheiden, wenn das Vermögen des Investmentfonds überwiegend in an Börsen gehandelten Aktien angelegt ist.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002
Sachverhalt
Die Klägerin, eine AG, erwarb zur Sicherung von Rückzahlungsansprüchen ihrer Geschäftspartner in den Jahren 1999 und 2000 u.a. zu ihrem Anlagevermögen gehörende Anteilsscheine an drei Wertpapierfonds, die das bei ihnen eingelegte Geld überwiegend entweder direkt oder indirekt (als sog. Dachfonds) zum Erwerb von Aktien verwendet haben (im Folgenden: Aktienfonds). Bei der Ermittlung ihres im Streitjahr (2000) erzielten Einkommens nahm die Klägerin Teilwertabschreibungen vor, die sie nach den Unterschiedsbeträgen zwischen den Anschaffungskosten der Anteile an den Aktienfonds und den zum Bilanzstichtag (31.12.2000) gesunkenen Depotwerten (Rücknahmepreisen) bestimmte.
Das FA erkannte die Teilwertabschreibungen nicht an. Die anschließende Klage hatte Erfolg (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.12.2010, 1 K 2237/07, Haufe-Index 2621235, EFG 2011, 953).
Entscheidung
Der BFH hat das FG bestätigt und damit dem einschlägigen BMF-Schreiben widersprochen (vom 5.7.2011, BStBl I 2011, 735). Er verweist die Sache an das FG nur deswegen zurück, damit dieses noch ausstehende Sachaufklärung bewirken kann.
Hinweis
1. Die Entscheidung liegt voll (und in weiten Bereichen wortgleich) auf der Ebene des ebenfalls am 21.9.2011 ergangenen Urteils I R 89/10 (BFH/NV 2012, 306 und in diesem Heft auf S. 81) und überträgt jene Grundsätze zur "voraussichtlich dauernden Wertminderung" gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG n.F. auch auf Investmentanteile, wenn das Vermögen des Investmentfonds überwiegend aus Aktien besteht, die an Börsen gehandelt werden (sog. Aktienfonds). Angesichts der für die Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 n.F. gebotenen Typisierung ist es zu vernachlässigen, dass dem Vermögen eines solchen Fonds (Aktienfonds) z.B. auch festverzinsliche Wertpapiere angehören können, für die ein Kursverlust regelmäßig nicht die Annahme einer voraussichtlich dauernden Wertminderung rechtfertigt.
2. Auch insoweit widerspricht der BFH der Verwaltungspraxis (im BMF-Schreiben vom 5.7.2011, BStBl I 2011, 735), nach dem die für die Teilwertabschreibung börsengehandelter Aktien entwickelten Rechtsregeln sinngemäß auch auf nicht börsennotierte Anteile an Investmentfonds Anwendung finden sollen, wenn deren Vermögen überwiegend in an Börsen gehandelten Aktien angelegt ist. Jene Rechtsregeln hat der BFH in besagtem Urteil vom 21.9.2011, I R 89/10 (BFH/NV 2012, 306 und in diesem Heft auf S. 81) nun endgültig verworfen.
3. Einzelheiten zu alledem ergeben sich aus den Hinweisen zu jener Entscheidung. Weitere Erläuterungen dazu erübrigen sich.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.9.2011 – I R 7/11