Zusammenfassung
Bei der Erzielung von betrieblichen Einkünften sind die einzelnen Wirtschaftsgüter, die im Laufe des Wirtschaftsjahrs angeschafft oder hergestellt wurden und als Betriebsvermögen zu berücksichtigen sind, mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten (sog. Zugangsbewertung). In der nachfolgenden Schlussbilanz sind sie dann nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG zu bewerten (sog. Folgebewertung). Für diese Bewertung wird u. a. unterschieden zwischen Anlage- und Umlaufvermögen sowie zwischen abnutzbaren und nichtabnutzbaren Wirtschaftsgütern. Abnutzbare Anlagegüter sind in der Bilanz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten, jedoch vermindert um die AfA, erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen, Abzüge nach § 6b EStG und ähnliche Abzüge anzusetzen.
Gewinnmindernd kann in der Steuerbilanz statt dessen auch der Teilwert angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger als die ggf. fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist. Dadurch kann schon gegenwärtig der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn des Steuerpflichtigen gemindert werden.
1 Handelsbilanzielle Regelung
1.1 Niederstwertprinzip
In der Handelsbilanz sind ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, auf Vermögensgegenstände des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Die Vorschrift ordnet für die Folgebewertung von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens unter den genannten Voraussetzungen außerplanmäßige Abschreibungen an, und zwar sowohl für das abnutzbare als auch das nicht abnutzbare Anlagevermögen. Die handelsrechtliche Regelung ist obligatorisch (kein Wahlrecht).
Ist also z. B. der Zeitwert – das Gesetz spricht von dem "beizulegenden Wert" – eines abnutzbaren Anlageguts, z. B. einer Maschine, am Bilanzstichtag niedriger als die historischen Anschaffungskosten, vermindert um die AfA, muss eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen werden – vorausgesetzt, es handelt sich um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung. Eine ähnliche Regelung enthält § 253 Abs. 4 HGB für das Umlaufvermögen, das allerdings auf den niedrigeren Wert abzuschreiben ist, ohne dass es auf die Dauerhaftigkeit der Wertminderung ankommt (strenges Niederstwertprinzip).
Durch die Abschreibungspflicht bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens soll verhindert werden, dass diese zu Werten bilanziert werden, die nachhaltig überhöht sind. Der niedrigere beizulegende Wert im Handelsrecht hat eine ähnliche Funktion wie der niedrigere Teilwert im Steuerrecht. Dieses strenge handelsrechtliche Niederstwertprinzip gilt für alle bilanzierenden Kaufleute, unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens.
Ist das Anlagegut voraussichtlich nur vorübergehend in seinem Wert gemindert, bestand handelsrechtlich früher ein Abwertungswahlrecht – sog. gemildertes Niederstwertprinzip. Dieses Wahlrecht gibt es nur noch für das Finanzanlagevermögen, auf das außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden "können".
1.2 Wertaufholung
Einzelkaufleute und Personengesellschaften, die in ihrer Handelsbilanz eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Zeitwert vorgenommen haben, durften nach früherer Rechtslage den niedrigeren Wertansatz auch beibehalten, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen (sog. Beibehaltungswahlrecht). Bis 2009 war die Wertaufholung nur bei Kapitalgesellschaften zwingend.
Das Beibehaltungswahlrecht wurde durch das BilMoG aufgehoben. Es gibt kein Beibehaltungswahlrecht mehr, wenn die Gründe, die zur außerplanmäßigen Abschreibung geführt haben, weggefallen sind. Es besteht auch handelsrechtlich ein Zuschreibungsgebot.
Das Wertaufholungsgebot in der Handelsbilanz gilt für sämtliche Vermögensgegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens. Wertaufholung bedeutet die zwingende Rückgängigmachung einer außerplanmäßigen Abschreibung, wenn die Gründe dafür nicht...