Prof. Dr. Reinhold Hölscher, Dr. Matthias Michael Nelde
Die bedeutendste Erscheinungsform von Optionen stellen Aktienoptionen dar. Anhand der Aktienoptionen soll im Folgenden allgemein auf das Wesen und die Bewertung von Optionen eingegangen werden. Prinzipiell gelten diese Ausführungen jedoch auch für andere Basiswerte, auf die im weiteren Verlauf dieses Beitrags eingegangen wird.
1.2.1 Grundpositionen im Optionsgeschäft
Der Inhaber der Option ist nicht verpflichtet, sein Optionsrecht wahrzunehmen und das mögliche Geschäft durchzuführen. Vielmehr hat er bezüglich der Ausübung der Option ein Wahlrecht, das er immer nur dann wahrnehmen wird, wenn es unter ökonomischen Gesichtspunkten für ihn vorteilhaft ist. Der Inhaber einer Kaufoption auf eine Aktie mit einem Basispreis von 50 EUR wird sein Recht zum Kauf der Aktie nur dann nutzen, wenn der Preis der Aktie am Markt über 50 EUR liegt, denn nur dann hat er aus der Option einen Vorteil. Liegt der Aktienkurs dagegen unter 50 EUR, wird das Wahlrecht nicht ausgeübt und die Option verfällt. Hinsichtlich der zeitlichen Ausgestaltung des Ausübungswahlrechts gibt es zwei verschiedene Arten: Europäische Optionen können nur am Ende der Laufzeit ausgeübt werden, amerikanische Optionen dagegen jederzeit während der Laufzeit. Die meisten börsengehandelten Optionen sind nach dem amerikanischen Typ ausgestaltet. Die Namensgebung hat nichts mit dem Handelsplatz zu tun, auch bei den z. B. an der Terminbörse EUREX gehandelten Optionen handelt es sich häufig um amerikanische Optionen.
Während der Käufer der Option ein Wahlrecht bezüglich der Ausübung besitzt, ist der Verkäufer von der Entscheidung des Käufers abhängig. Nimmt der Käufer die Option wahr, kommt das Geschäft zustande, der Verkäufer ist zur Vertragserfüllung verpflichtet. Beide Positionen weisen daher unterschiedliche Risikoprofile auf, mit einem Vorteil auf der Seite des Käufers. Der Verkäufer bekommt für das übernommene Risiko die Optionsprämie, der Käufer muss diese Prämie beim Erwerb der Option an den Verkäufer bezahlen.
Aus dem Kauf bzw. Verkauf eines calls oder eines puts ergeben sich vier Grundpositionen. Die mit diesen Grundpositionen verbundenen Rechte und Pflichten stellt folgende Tab. 1 noch einmal zusammen:
Kontraktposition |
Käufer aktives Entscheidungsrecht |
Verkäufer passive Verpflichtung |
Art der Option |
Kaufoption (call) |
Recht: |
Bezug des Basiswerts |
Recht: |
Erhalt der Optionsprämie |
Pflicht: |
Zahlung der Optionsprämie |
Pflicht: |
Lieferung des Basiswerts |
Verkaufsoption (put) |
Recht: |
Abgabe des Basiswerts |
Recht: |
Erhalt der Optionsprämie |
Pflicht: |
Zahlung der Optionsprämie |
Pflicht: |
Kauf des Basiswerts |
Tab. 1: Positionen in Optionsgeschäften
Die 4 Grundpositionen sollen an einem Beispiel erläutert werden. Die in dem Beispiel verwendeten Optionen weisen einen Basispreis von 50 EUR und eine Optionsprämie von 5 EUR auf. Zur Veranschaulichung dient Abb. 2, in der die Gewinn- und Verlustprofile der Grundpositionen am Verfalltag in Abhängigkeit von der Aktienkursentwicklung dargestellt sind.
Abb. 2: Gewinn- und Verlustprofile von Optionspositionen
Kauf einer Kaufoption
Der Käufer einer Kaufoption erwirbt das Recht, die Aktie während der Laufzeit zum vereinbarten Basispreis von 50 EUR zu erwerben. Für dieses Recht muss er die Optionsprämie von 5 EUR bezahlen. Im international üblichen Sprachgebrauch werden Kaufpositionen mit dem Begriff long position und Kaufoptionen mit dem Begriff "cal" bezeichnet, sodass die hier beschriebene Position auch als long call bekannt ist. Der Inhaber eines long call erzielt einen Gewinn, wenn der Aktienkurs den Betrag von 55 EUR (Basispreis der Option zuzüglich der Optionsprämie) überschreitet. Liegt der Aktienkurs beispielsweise bei 70 EUR, so wird der Inhaber seine Option ausüben. Er kann dann die Aktie beim Verkäufer der Option für 50 EUR erwerben und an der Börse für 70 EUR wieder veräußern. Dadurch entsteht ein Bruttogewinn von 20 EUR, von dem allerdings noch die gezahlte Optionsprämie von 5 EUR abgezogen werden muss. Es verbleibt ein Nettogewinn in Höhe von 15 EUR. Das Ausüben der Option lohnt sich allerdings schon, wenn der Aktienkurs größer als der Basispreis ist, denn in diesem Fall kann der Inhaber den Verlust aus der gezahlten Optionsprämie durch den Gewinn aus der Wahrnehmung der Option reduzieren. Liegt der Aktienkurs unterhalb des Basispreises, lässt der Inhaber der Option diese verfallen, denn die Aktie kann an der Börse zu einem niedrigeren Preis erworben werden. Hinsichtlich der möglichen Gewinne und Verluste aus einem long call kann festgestellt werden, dass der mögliche Verlust auf die Höhe der gezahlten Optionsprämie beschränkt ist, während der Gewinn theoretisch unendlich hoch ist (sofern unterstellt wird, dass der Aktienkurs unendlich hoch steigen kann). Ein Investor wird diese Position demzufolge eingehen, wenn er mit stark steigenden Aktienkursen rechnet.
Verkauf einer Kaufoption
Der Verkauf einer Kaufoption stellt die Gegenposition zum long call dar. Der Verkäufer (oder "Stillhalter") einer Kaufoption hat die Pflicht, den Basiswert der Option zum vereinbarten Basisprei...