rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des für das vom Jugendamt unterhaltene zweite von neun Kindern abzuzweigenden Kindergeldes. Familienleistungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
In den Fällen der Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG ist das Kindergeld für eines von mehreren Kindern nach Köpfen aufzuteilen.
Normenkette
EStG § 74 Abs. 1 S. 4, § 76 Abs. 3 Nr. 1, § 66 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob das an das Jugendamt der Stadt Bestadt (den Beigeladenen) abgezweigte Kindergeld für eines von mehreren Kindern der Klägerin nach Kopfteilen berechnet wird oder ob es nur in der Höhe, die für das betreffende Kind konkret gezahlt wird, abzuführen ist.
Die Klägerin ist Mutter von elf zum Teil volljährigen Kindern. Es bestand ein Anspruch auf Kindergeld in Höhe von 2.940 DM monatlich. Für ihr zweites noch zu berücksichtigendes Kind, die am 22. Juni 1984 geborene N., bestand ein Anspruch in Höhe von 270 DM monatlich. N., lebt in einer Einrichtung des Beigeladenen (betreutes Wohnen). Sie erhält Taschen- und Bekleidungsgeld in Höhe von monatlich 109,42 Euro und verursacht einen täglichen Pflegekostenaufwand von 88,80 Euro.
Mit Verfügung vom 14. Juni 2001 (Bl. 208 der Arbeitsamtsakten – AA-Akte –) kürzte die Beklagte das Kindergeld um 327 DM, d. h. um das nach Kopfteilen auf N. entfallende Kindergeld (2.940 DM: 9 = 327 DM – gerundet). Der Einspruch hiergegen wurde mit Entscheidung vom 13. August 2001 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin ist der Auffassung, es dürfe nur ein Betrag in Höhe von 270 DM abgezogen werden, da dieser Betrag konkret auf N. entfalle. Nach der Reform des § 1612 b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sei ab dem Jahr 2001 ausschließlich das auf das Kind entfallende Kindergeld bei Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen. Der monatliche Kindergeldbetrag für N. belaufe sich auf 270 DM, so dass auch nur dieser Anspruch an den Beigeladenen übergeleitet werden könne. Sie meint, die Verwendung des staatlichen Kindergeldes zur Abdeckung des Lebensunterhaltes des jeweiligen Kindes sei gesetzlich fixiert. Anderenfalls werde das Existenzminimum der nicht direkt betroffenen Kinder gefährdet.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Kindesmutter an N. monatlich 100 DM Taschengeld auszahle.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
- den Bescheid des Arbeitsamtes Astadt, Familienkasse (Az.: III 333 – KG-Nr. 095/028761) vom 14. Juni 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. August 2001 aufzuheben, soweit die Auszahlung des staatlichen Kindergeldes an den Beigeladenen für das Kind N. den Betrag von 270 DM (138,05 Euro) überschreitet,
- hilfsweise die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass das Kindergeld bei mehreren Kindern typischerweise für alle Kinder gleichmäßig verwendet wird. Daher sei das abgezweigte Kindergeld nach Kopfteilen zu berechnen.
Mit Beschluss vom 7. März 2002 hat das Finanzgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten abgewiesen. Mit Beschluss vom 6. Mai 2002 wurde das Jugendamt der Stadt Bestadt beigeladen.
Alle Beteiligten verzichten übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Abzweigung an den Beigeladenen ist dem Grunde und der Höhe nach nicht zu beanstanden.
1. Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld nach § 06 Abs. 1 Satz 1 an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte dem Kind gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG kann die Auszahlung auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt.
Da N. durch den Beigeladenen unterhalten wird, kann das Kindergeld dem Grunde nach abgezweigt werden (zur Unterhaltspflichtverletzung Kanzler, in Herrmann/Heuer/Raupach, Familienleistungsausgleich, § 74 Anm. 8). Von der Klägerin wird auch nicht in Abrede gestellt, das die Auszahlung an den Beigeladenen dem Grunde nach berechtigt ist. Der Senat kann dahingestellt bleiben lassen, ob die unbewiesene Behauptung der Klägerin, monatlich 100 DM zu zahlen, zutrifft, denn selbst regelmäßige Taschengeldüberweisungen in Höhe von nur 100 DM monatlich führen nicht dazu, dass die Klägerin ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht auch nur annähernd nachkommen würde. Der Betreuungsaufwand für N. liegt um ein Vielfaches höher. Sie erhält derzeit Taschen – und Bekleidungsgeld in Höhe von monatlich 109,42 Euro und verursacht einen täglichen Pflegekostenaufwand von 88,80 Euro. Für N. werden somit ca. 2.770 Euro monatlich aufgewendet. Die behauptete Taschengeldzahlung der Klägerin deckt hiervon nur einen minimalen Bruchteil. Eine Abzweigung ist auch möglich, wenn wegen Leistungsunfähigkeit der Klägerin keine Unterhaltspflicht bestünde, § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG. Mithin ist ...