rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zulassung zur Steuerberaterprüfung bei nur mittelbarer berufspraktischer Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung erforderliche berufspraktische Tätigkeit kann im Rahmen eines Anstellungsvertrages oder im Ausnahmefall als freier Mitarbeiter bei einem Berufsträger erbracht werden.
2. Dabei bedarf es eines direkten Vertragsverhältnisses. Ansonsten fehlt es an einer vertraglich hinreichend gesicherten Kontrolle über Art und Inhalt der Tätigkeit und an einer rechtlich ausreichend gesicherten Direktions- und Weisungsbefugnis (hier: Angestelltentätigkeit für ein Buchführungsbüro, dessen Inhaber seine Angestellte im Rahmen des mit einem Steuerberater geschlossenen freien Mitarbeitervertrags tätig werden lässt).
Normenkette
StBerG § 36 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert beträgt 5.000 Euro.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin sieben Jahre auf dem Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden praktisch tätig gewesen ist (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes – StBerG).
Die Klägerin schloss ihre Ausbildung zur Steuerfachangestellten am 10. Juli 2000 erfolgreich ab, am 12. Dez. 2005 bestand sie die Prüfung zur Bilanzbuchhalterin. Von August 2000 bis März 2002 arbeitete sie beim Steuerbüro F., von April 2002 bis 31. August 2010 war sie beim Buchführungsbüro T. (im Folgenden: T.) im Rahmen einer Vollzeitstelle angestellt. Dort war neben der Klägerin eine weitere Angestellte und gelegentlich eine Aushilfe tätig. Am 1. Sept. 2010 wechselte sie ins Angestelltenverhältnis zur Steuerberaterin S. (im Folgenden: S.). Am 7. April 2010 beantragte sie die Zulassung zur Steuerberaterprüfung 2010. Die Klägerin legte dabei zunächst eine Arbeitgeberbescheinigung des Buchführungsbüros T. vor. Nach Beanstandung durch die Beklagte reichte die Klägerin eine Bestätigung der S. nach, wonach die Klägerin seit dem 1.6.2003 als freie Mitarbeiterin bei ihr tätig sei. S. hatte am 1.6.2003 mit T. einen „Vertrag über freie Mitarbeit” geschlossen. T. übernimmt hiernach Hilfsarbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen. Er ist berechtigt, eigene Mitarbeiter zu beschäftigen. Als Vergütung wird ein Honorar von 50 v.H. der Vergütung vereinbart, die der Auftraggeber (S.) für die entsprechende Tätigkeit dem Mandanten berechnet. Der Auftraggeber hat gem. § 7 des Vertrags alles zu unterlassen, was die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des freien Mitarbeiters beeinträchtigen könnte. Insbesondere sind weder der Auftraggeber noch die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber dem freien Mitarbeiter hinsichtlich des Arbeitsorts, der Arbeitszeit und der Art der Durchführung des Auftrags weisungsbefugt. Vom freien Mitarbeiter (T.) sind fachliche Vorgaben des Auftraggebers insoweit einzuhalten, wie diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich sind. Dies gilt insbesondere für Tätigkeiten, die über die Arbeiten hinausgehen, die in § 6 Nr. 3 und 4 StBerG geregelt sind. Wegen der Details wird auf den Vertrag (Bl. 15 ff. der Beklagtenakte) vollinhaltlich Bezug genommen.
Der Antrag auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung wurde mit streitigem Bescheid vom 15. Juli 2010 (Bl. 6 FG-Akte) abgelehnt.
Die Klägerin trägt vor, sie habe zwar formal als Angestellte von Herrn T. gearbeitet. Rein tatsächlich sei sie aber in einem Umfange von mindestens 16 Wochenstunden für S. tätig gewesen. Sie habe ihre Aufträge sowohl von T. als auch von S. erhalten. Sie schätze, dass sie zu 60 % für S. gearbeitet habe. Diese Übertragung von Aufgaben an sie als Angestellte von T. sei durch den freien Mitarbeitervertrag möglich. S. habe ihre Tätigkeit fachlich unmittelbar überwacht und kontrolliert, was durch die räumliche Lage des Kontierungsbüros T. direkt neben dem Steuerbüro der S. in Form einer Art von Gemeinschaftsbüro auch leicht möglich gewesen sei. Angesichts der Tatsache, dass S., von einer Auszubildenden abgesehen, allein arbeite und dass das Büro von T. auch nur aus bis zu zwei Angestellten bestehe, habe S. die Tätigkeit der Klägerin auch effektiv und genauestens überwachen können. Eine mehrstufige Organisationsstruktur liege nicht vor. Die berufspraktische Tätigkeit könne auch in freier Mitarbeit bei einem Berufsträger ausgeübt werden. Es handele sich nicht um die Übertragung von Aufgaben auf ein gewerbliches Kontierungsbüro. Es reiche aus, dass die Klägerin mehr als sieben Jahre steuerrechtlich tätig gewesen sei, auch wenn diese sieben Jahre nicht „nach” Abschluss der Bilanzbuchhalterprüfung, sondern zum Teil vorher abgeleistet worden seien. Etwaige berufsrechtliche Verstöße der S. beträfen nicht unmittelbar ...