rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelmäßige Arbeitsstätte eines Auszubildenden im dualen System liegt im Ausbildungsbetrieb. keine doppelte Haushaltsführung bei Beibehaltung des Kinderzimmers im Haus der Eltern. gesetzlicher Beklagtenwechsel

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die regelmäßige Arbeitsstätte eines Auszubildenden, der eine Vollzeitlehre im dualen System absolviert, liegt nicht in der schulischen Einrichtung, sondern im Ausbildungsbetrieb, weil der Schwerpunkt der Ausbildung auf dem praktischen Teil vor Ort im Ausbildungsbetrieb und nicht in einer schulischen Einrichtung liegt.

2. Es liegt keine doppelte Haushaltsführung vor, wenn der Auszubildende neben einer am Schulort unterhaltenen Wohnung sein Kinderzimmer im elterlichen Haushalt beibehält.

3. Ein gesetzlicher Beklagtenwechsel stellt weder eine Änderung des Streitgegenstandes noch eine Klageänderung dar. Der neue Beklagte rückt in das Verfahren ein, ohne dass entsprechende Erklärungen der Beteiligten erforderlich sind und ohne dass eine Klageänderung vorliegt.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 9 Abs. 1 S. 3 Nrn. 4-5; FGO § 63

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.02.2015; Aktenzeichen XI R 50/13)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen eines Kindergeldanspruchs, ob der Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung überschritten wurde.

Die am 26.06.1989 geborene Tochter des Klägers absolvierte ab dem 01.09.2008 bis zum 29.02.2012 eine Lehre im dualen System zur Mediengestalterin (Blatt 58 der Kindergeldakte), für welche sie Ausbildungsvergütung erhielt. Hinsichtlich der Höhe wird auf Blatt 75 bis 76 und 104 bis 105 der Kindergeldakte verwiesen. Ihr Ausbildungsbetrieb befand sich in A/Stadt in der Karl-Marx-Str. 24 (Blatt 77 der Kindergeldakte). Die Berufsschule fand in A-Stadt statt. In der Lehrzeit wohnte die Tochter des Klägers an den Wochenenden in ihrem Kinderzimmer im Haus ihrer Eltern in B-Stadt, wo sie – zwischen den Parteien insoweit unstreitig – weiterhin ihren Lebensmittelpunkt hatte. Während der Woche wohnte sie in A-Stadt in einem Zimmer im Lehrlingswohnheim der Arbeiterwohlfahrt (Blatt 28 der Kindergeldakte), für das sie im Jahr 2011 monatlich 96 EUR zahlte. Ausweislich der Routenplaner Google Maps bzw. Falk betragen die kürzesten Verbindungen (volle km) zwischen dem Wohnort B/Stadt und dem Lehrlingswohnheim 33 km, dem Wohnort B-/Stadt und dem Lehrbetrieb 35 km, dem Wohnheim und dem Lehrbetrieb 2 km und dem Wohnheim und der Berufsschule 2 km.

Kindergeld erhielt der Kläger für seine Tochter zunächst bis einschließlich August 2011. Nach Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für das Kalenderjahr 2011 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 12.12.2011 wegen Überschreitens des nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) maßgeblichen Grenzbetrages von 8.004 EUR auf. Das für Januar bis August 2011 überzahlte Kindergeld in Höhe vom 1.472 EUR forderte sie zurück.

Die Summe aller Einnahmen des Kindes errechnete die Beklagte zunächst mit 8.089,15 EUR. Hierbei ging sie von anrechenbaren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 9.276,15 EUR abzüglich erhöhter Werbungskosten in Höhe von 1.187,00 EUR aus. Dabei brachte sie im Einzelnen zum Ansatz:

a) Fahrkosten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte

48 Tage B-Stadt – A-Stadt Wohnheim × 37 km × 0,30 EUR =

532,80 EUR

2 Tage B-Stadt – Arbeitsstätte A-Stadt × 39 × 0,30 EUR=

23,40 EUR

172 Tage Wohnheim – Arbeitsstätte × 2 × 0,30 EUR =

103,20 EUR

b) Aufwendungen für Arbeitsmittel

32,00 EUR

c) Aufwendungen für Fahrten zur Berufsschule

118 Tage × 4 km × 0,30 EUR

141,60 EUR

Verpflegungsmehraufwendungen

59 Tage mit Abwesenheit von mehr als 8 Stunden × 6 EUR

354,00 EUR

Unberücksichtigt blieben hingegen die der Tochter für die Unterbringung in A/Stadt entstandenen Wohnheimkosten. Diese erkannte die Beklagte nicht als Aufwendungen einer doppelten Haushaltsführung an. Auf die Berechnung auf Blatt 91 f. der Kindergeldakte wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Seinen hiergegen gerichteten Einspruch begründete der Kläger damit, die Beklagte habe erhöhte Werbungskosten nicht richtig berücksichtigt. Ihm sei der angerechnete Betrag in Höhe von 1.187 EUR nicht plausibel.

Der Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung bezifferte die Beklagte die Summe aller Einnahmen des Kindes nunmehr mit 8.601 EUR. Hierbei ging sie von anrechenbaren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 12.304,47 EUR abzüglich des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung in Höhe von 2.516,47 EUR aus. Von diesen zwischen den Parteien unstreitigen Beträgen brachte die Beklagte die in der Summe unveränderten Werbungskosten in Höhe von 1.187,00 EUR in Abzug. Auf die Berechnung der Einkünfte und Bezüge für das Kalenderjahr 2011 auf Blatt 119 f der Kindergeldakte wird Bezug genommen.

Geg...

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