Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnschätzung für Sammlung und Verwertung von Zahnaltgold gem. § 64 Abs. 5 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erzielt eine GmbH mit der Sammlung und Verwertung von Zahnaltgold unter Verwendung ihres Namens beauftragende gemeinnützige Körperschaft die Überschüsse aus der Sammlung des Zahnaltgoldes aus Arztpraxen nicht selbst, da sie zu keinem Zeitpunkt Besitz an dem Zahngold erlangt, nach dem die Scheideanstalten auf Rechnung der GmbH abrechnen, ist die Gewinnschätzungs-Regelung des § 64 Abs. 5 AO nicht anzuwenden.

2. Die Regelung des § 64 Abs. 5 AO verlangt, dass sämtliche Einnahmen aus der Verwertung des Altmaterials angegeben werden, um dann pauschaliert den brachenüblichen Reingewinn der Besteuerung zugrunde zu legen. Teilt die gemeinnützige Körperschaft dem FA jedoch lediglich ihren Netto-Anteil aus der Verkaufstätigkeit der GmbH mit, so dass nicht sicher gestellt ist, dass sämtliche Einnahmen der GmbH aus der Zahngoldsammlung angegeben sind, fehlt bereits die Bemessungsgrundlage für die Gewinnschätzung

 

Normenkette

AO § 64 Abs. 5; AEAO Nr. 34; AO § 64

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.05.2016; Aktenzeichen V B 119/15)

BFH (Beschluss vom 11.05.2016; Aktenzeichen V B 119/15)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten bei der Körperschaftsteuer und der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages des Kalenderjahres 2008 darum, ob der Kläger für die Sammlung und Verwertung von Zahnaltgold die Regelung des § 64 Abs. 5 der Abgabenordnung 1977 (AO) für sich beanspruchen kann.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein und als gemeinnützig anerkannt. Er hat mit einer Medienagentur, der GmbH, eine (undatierte) Vereinbarung geschlossen, in der sich die GmbH dazu verpflichtete, für den Kläger Altgold zu sammeln und zu verwerten. Zu diesem Zweck sprach die GmbH Zahnärzte an, um in deren Praxen Sammelboxen aufzustellen, diese bei Bedarf auszutauschen sowie das Altgold einschmelzen zu lassen. Außerdem verpflichtete sich die GmbH regelmäßig Dankschreiben und Nachlassbriefe zu verfassen und die Spenderpraxen telefonisch zu betreuen. Das Gold wird nach der Vereinbarung zum aktuellen Tageskurs für Industriegold abgerechnet, wobei die GmbH für ihre Tätigkeit 2,81 EUR für das Gramm Feingold einbehält. Nebenmetalle, auch Fehlmengen, die sich aus den endgültigen Analysen ergeben, sollen jeweils zu Gunsten oder zu Lasten der GmbH abgerechnet werden.

Nach dem Vortrag der Klägerin gestaltete sich das Sammeln des Goldes wie folgt: Die GmbH stellte in den einzelnen Arztpraxen Sammelboxen auf. Auf die Möglichkeit der Altgoldspende wiesen in den Praxen verteilte Flyer des Klägers hin. Die GmbH leerte die Behälter und verkaufte das gesammelte Zahngold bei Scheideanstalten im eigenen Namen. Sie erstellte daraufhin eine interne Abrechnung, auf deren Grundlage sie den auf den Kläger entfallenden Erlös errechnete (Beispiel: Blatt 75 der Gerichtsakte). Die GmbH stellte daraufhin (Netto-) Gutschriften aus, in denen sie – unter Angabe des jeweiligen Abrechnungszeitraums – den auf den Kläger entfallenden Erlösanteil auswies (vergleiche Blatt 73 und 74 der Gerichtsakte).

In seinen Steuererklärungen zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 2008 gab der Kläger Einnahmen aus der Verwertung von Altmaterial i. H. v. 37.007 EUR nebst Ausgaben i. H. v. 10.301 EUR (9.618,55 EUR Lohn- und 682,69 EUR für Kilometergelderstattungen lt. Gewinnermittlung, Bl. 16 des Jahresabschlusses 2008) an. Er erklärte insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. H. v. 7.401 EUR unter Anwendung des § 64 Abs. 5 AO i. V. m. der Regelung in Nr. 27 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 64 AO (Schätzung der Einnahmen anderen Altmaterials als Altpapier mit 20 % der Einnahmen = 37.007 EUR × 20%).

In seinen Körperschafts- und Gewerbesteuermessbetragsbescheiden – jeweils vom 9. Dezember 2009 – folgte der Beklagte diesem Antrag nicht. Vielmehr legte er der Besteuerung Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 26.706,00 EUR zugrunde (37.007 EUR abzgl. 10.301 EUR).

Mit seinem Einspruch gegen den Körperschaftssteuer- und Gewerbesteuermessbetrag machte der Kläger geltend, dass die Regelung des § 64 Abs. 5 AO bei seinen Einkünften aus Altmetallverwertung einschlägig sei. Er habe unentgeltlich erworbenes Altmaterial in Gestalt von Zahngold außerhalb einer ständig dafür vorgehaltenen Verkaufsstelle verwertet. Der Gesetzgeber habe nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem gespendeten Altmetall nicht um Edelmetall handeln dürfe. In welcher Güte bzw. Qualität das Altmaterial vorliege, sei für die Anwendung der gesetzlichen Regelung irrelevant.

Nach Vorlage der „Vereinbarung” mit der GmbH (Bl. 29 der Rechtsbehelfsakte) wies der Beklagte mit Entscheidung vom 7. April 2011 die Einsprüche gegen die Bescheide über Körperschaftssteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2008 als unbegründet zurück.

Der Kläger verfolgt mit der vorliegenden Klage weiterhin das Ziel, eine Gew...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge