Entscheidungsstichwort (Thema)
Gastwirtschaft als Liebhabereibetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Gastwirtschaft spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird, da ein solcher Betrieb nicht typischer Weise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung von außerhalb der Einkommenssphäre liegenden wirtschaftlichen Vorteilen zu dienen.
2. Dieser Anscheinsbeweis ist bereits dann entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit in Betracht kommt, dass nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Motive des Steuerpflichtigen für die Fortführung des Unternehmens ausschlaggebend waren.
3. Eine Einkünfteerzielung ist nicht mehr gegeben, wenn der Betrieb trotz deutlich rückläufiger Einnahmen unverändert und ersichtlich nur noch in der Absicht aufrechterhalten wird, Kosten der privaten Lebensführung in den betrieblichen Bereich zu verlagern, und wenn keinerlei Maßnahmen zur Erzielung höherer Betriebseinnahmen ergriffen werden.
Normenkette
EStG 1997 § 15 Abs. 2 S. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert beträgt 11.561 Euro.
Tatbestand
Streitig ist, wie lange die Klägerin einen Gewerbebetrieb (Gaststätte und Catering-Service) unterhielt, insbesondere, ob in den Streitjahren eine steuerrechtlich nicht anzuerkennende so genannte „Liebhaberei” vorlag.
Der Kläger ist seit 1990 als Nachrichtentechniker bei der Deutschen Telekom beschäftigt. Er erzielte zudem gewerbliche Einkünfte aus der Beteiligung an der XXGbR. Seine mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehefrau, die Klägerin, betreibt seit August 1990 eine Gaststätte sowie einen dazugehörigen Party- bzw. Catering-Service. Zur Eröffnung der Gaststätte wurde 1990/1991 ein Nebengebäude auf dem elterlichen Grundstück, auf dem die Kläger wohnen, umgebaut. Die hierzu aufgenommenen Kredite haben eine Laufzeit bis ins Jahr 2017. Im Jahr 1995 bekam die Klägerin ihr zweites Kind. Bei der Klägerin stellte sich ein schweres Rheumaleiden ein, das schließlich zu einem Grad der Behinderung von 50 v. H. (wegen degenerativer Wirbelsäulenveränderungen und Polyarthritis) führte; der Kläger ist mittlerweile wegen eines Nierenleidens zu 40 v. H. behindert. Laut einer Bescheinigung des Hotels A vom 19. März 2001 (Bl. 7 Einkommensteuerakte – ESt-Akte – des Jahres 2000) war die Klägerin saisonal als geringfügig Beschäftigte eingestellt; durch ihre Krankheit sei es zu keiner Einstellung gekommen. Die Klägerin machte in den Jahren 1990 bis 2001 rund 220.000 DM gem. § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte Verluste geltend, nur in 1991 ergab sich ein Gewinn in Höhe von rund 1.600 DM. Anfang Februar 1999 erwarb die Klägerin einen neuen PKW Mercedes. Nachdem dieses Fahrzeug im Januar 2000 bei einem Unfall beschädigt und daraufhin verkauft wurde, schaffte sie als Ersatz erneut einen PKW Mercedes (Typ C 180) an. Das Kfz sowie ein Peugeot 205 werden durch den Kläger an 5 bis 6 Arbeitstagen pro Woche für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einer einfachen Entfernung von bis zu 94 km genutzt. Er legte z. B. im Jahre 1999 ca. 36.000 km und in 2000 ca. 46.000 km zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurück; für 1999 gab der Kläger beispielsweise 259 Arbeitstage an (Bl. 38 ESt-Akte zu 1999). Die Kfz-Kosten bewegten sich in den drei Streitjahren zwischen ca. 5.000,– DM und 6.000,– DM; die jährliche PKW-Abschreibung betrug zwischen ca. 8.700 DM und rund 10.000 DM. In 2000 erwarb die Klägerin auch ein Akkordeon für 4.913 DM. Wegen der Umsätze, Verluste, Privatentnahmen etc. wird auf die eingereichten Gewinnermittlungen (Bilanz-Hefte Bände I und II) Bezug genommen. Die Umsätze aus der Gaststätte betrugen laut Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung in 2002 ca. 450 Euro, in 2003 und Anfang 2004 jeweils praktisch Null Euro.
Die Einkommensteuerbescheide für 1999 bis 2001 ergingen wegen der Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO), die Veranlagung des Jahres 2001 enthält zusätzlich einen Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs.1 AO. Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte die Verluste aus dem Gewerbebetrieb nicht mehr an. Die am 01.08.2003 erlassenen Änderungsbescheide führten zu einer Steuernachforderung von insgesamt 11.561,23 Euro (entspricht 22.611,80 DM). Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos. Einem Aussetzungsantrag (Az.: III 986/03 V) hat das Gericht wegen Zweifel in tatsächlicher Hinsicht mit Beschluss vom 28. Januar 2004 zum Teil entsprochen.
Die Kläger tragen vor, das Gewerbe werde sehr wohl mit der Absicht betrieben, Überschüsse zu erzielen, eine so genannte Liebhaberei liege nicht vor. Den baulichen und betrieblichen Voraussetzungen nach sei die Gaststätte dazu geeignet, au...