Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenrechtliche Bewertung von in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Beitragszeiten. Qualifikationsgruppe. Lohngruppe. Ausbildungsdauer. Beweisantrag. Amtsermittlung
Orientierungssatz
1. Die Bestimmung der maßgeblichen Qualifikationsgruppe in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegter Beitragszeiten erfolgt ausgehend von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems.
2. Entscheidend ist die Art und Dauer der vom Versicherten absolvierten Ausbildung sowie der von ihm tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. Eine nur einjährige Ausbildung kann einer Facharbeiterausbildung nicht gleichgestellt werden.
3. Berufliche Tätigkeiten in der Serienfertigung sowie eng profilierte Spezialberufe mit etwas komplizierter Tätigkeit mit einer Ausbildungsdauer von einem Jahr sind in der Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB 6 einzustufen.
Normenkette
SGB VI § 256b; SGG § 103 S. 1
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 26. November 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die rentenrechtliche Bewertung der von der Klägerin in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Beitragszeiten.
Die 1958 geborene Klägerin schloss in der ehemaligen Sowjetunion nach dem Besuch einer zehnjährigen allgemeinbildenden Schule mit Zeugnis vom 28. Juli 1976 die einjährige Ausbildung zum Beruf des "Klebers für technische Gummierzeugnisse" im Werk "R." in A. (Republik Usbekistan) ab. Sie arbeitete in der Zeit vom 2. August 1976 bis zum 18. Oktober 1993 als Klebe- und Montagefacharbeiterin, Klebefachkraft für technische Gummierzeugnisse und Kleberin für technische Gummi- und Polymererzeugnisse jeweils mit der Einstufung in Lohngruppe 3 in diesem Werk. 1987 erwarb sie ein Diplom als Technologieingenieur im Fach "Fertigung von Bauteilen von Stahlbaukonstruktionen".
Am 1. Februar 2008 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Versicherungsverlaufes für die Jahre 1976 bis 1993. Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 3. März 2008 abgelehnt. Der von der Klägerin erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2008). Die hiergegen erhobene Klage (S 25 R 1412/08) wurde mit Urteil vom 28. August 2009 vom Sozialgericht Meiningen (SG) abgewiesen. Zwischenzeitlich hatte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 12. August 2008 der Klägerin befristet Rente wegen Erwerbsminderung bewilligt und diese mit Bescheid vom 11. November 2009 weitergewährt. Gegen das Urteil des SG legte die Klägerin am 23. September 2009 Berufung ein (Az. L 2 R 1038/09). Ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 13. August 2010 ab. Es bestünden keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Der Beruf des Klebers für technische Gummierzeugnisse sei einem DDR-Facharbeiterberuf nicht vergleichbar. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2011 haben sich die Beteiligten geeinigt, dass der Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 28. August 2009 als fristgerechter Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 12. August 2008 in der Fassung des Bescheides vom 11. November 2009 angesehen wird und die Beklagte hierüber gesondert entscheidet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein Anspruch auf höhere Rente aufgrund einer Einstufung in eine höhere Qualifikationsgruppe bestehe nicht.
Mit ihrer am 5. April 2012 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, dass sie in der Sowjetunion Facharbeiterin gewesen sei. Hierzu hat sie eine Reihe von Nachweisen (insbesondere Zeugnisse, Arbeitsbücher, Bestätigungen), ihren eigenen beruflichen Werdegang und den ehemaliger Kolleginnen betreffend, vorgelegt. Sie ist der Ansicht, dass der Beruf des "Klebers für technische Gummierzeugnisse" der Qualifikation eines Facharbeiters in der ehemaligen DDR entspricht. Sie sei daher in die Qualifikationsgruppe 4 einzustufen. Im Übrigen hätte sie der von ihr ausgeübte Beruf als Kleberin im Gebiet der Russischen Föderation berechtigt, mit 50 Jahren frühzeitig in Altersrente zu gehen. Schließlich sei ihre Tätigkeit dem DDR-Beruf des Säureschutzfacharbeiters gleichzustellen. Sie habe mit gesundheitsschädlichen Stoffen gearbeitet und Bauwerke aus Gummi in Form von Luftzelten hergestellt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26. November 2013 abgewiesen. Die Ausbildung der Klägerin könne einer DDR-Facharbeiterausbildung nicht gleichgestellt werden. Es handele sich um einen Beruf der Qualifikationsstufe 2 (Berufe für die Serienfertigung - Massenberufe und eng profilierte Spezialberufe mit etwas komplizierter Tätigkeit mit einer Ausbildungsdauer von einem Jahr). Auch die von ihr langjährig ausgeübte Tätigkeit als Kleberin ...