Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafverfahrensrecht. Rechtsmittel. weitere Beschwerde. Vermögensabschöpfung. dinglicher Arrest

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen die die Anordnung des dinglichen Arrests ablehnende oder aufhebende Beschwerdeentscheidung des Landgerichts steht der Staatsanwaltschaft unter den Voraussetzungen des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO die weitere Beschwerde offen.

 

Normenkette

StPO §§ 111b, 111d, 310 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG Erfurt (Aktenzeichen 48 Gs 1425/10)

LG Erfurt (Aktenzeichen 7 Qs 383/10)

 

Tenor

1. Die weitere Beschwerde wird verworfen.

2. Die Kosten der weiteren Beschwerde und die dem Beschuldigten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

 

Gründe

I. ...

Gegen den Beschuldigten und zwei Mitbeschuldigte ermittelt die Staatsanwaltschaft Erfurt seit dem 27.11.2009 wegen des Verdachts der Geldwäsche.

Das Amtsgericht Erfurt hat mit Beschluss vom 15.06.2010 gemäß §§ 111b Abs. 2 und Abs. 5, 111d, 111e Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 261 Abs. 7, 74c (§§ 261 Abs. 1, 53 StGB) - ohne vorherige Anhörung des Beschuldigten gemäß § 33 Abs. 4 StPO - zur Sicherung des staatlichen Anspruchs auf Einziehung des Wertersatzes für den Freistaat Thüringen den dinglichen Arrest in Höhe von 12.000.000,00 EUR in das Vermögen des Beschuldigten angeordnet und mit weiterem Beschluss vom 15.06.2010 (Az.: 48 Gs 1426/10) in Vollziehung des Arrestes sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen des Beschuldigten, insbesondere aus der Kontoverbindung ... bei der Sparkasse M in Höhe von 12.000.000,00 EUR gepfändet.

...

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts Erfurt vom 15.06.2010, durch den der dingliche Arrest in das Vermögen des Beschuldigten angeordnet worden ist, hat der Beschuldigte durch Schriftsatz seines Verteidigers vom selben Tage, eingegangen beim Amtsgericht am 17.06.2010, Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht ausweislich seiner Verfügung vom 09.09.2010 nicht abgeholfen, sondern sie dem Landgericht Erfurt zur Entscheidung vorgelegt hat.

Mit Verfügung vom 15.12.2010 ist die Staatsanwaltschaft Erfurt der Beschwerde entgegengetreten und hat mit Verfügung vom selben Tage beim Amtsgericht Erfurt beantragt, gemäß § 111b Abs. 3 Satz 2 StPO den angeordneten dinglichen Arrest über das Vermögen des Beschuldigten in Höhe von 12.000.000,00 EUR zu verlängern.

Hierüber ist noch keine Entscheidung ergangen.

Mit Beschluss vom 18.01.2011 hat das Landgericht Erfurt den angefochtenen Beschluss und die Anordnung des dinglichen Arrestes über 12.000.000,00 EUR in das Vermögen des Beschuldigten aufgehoben.

Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Erfurt mit Verfügung vom 26.01.2011 weitere Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, gemäß § 307 Abs. 2 StPO die aufschiebende Wirkung anzuordnen.

Mit Beschluss vom 27.01.2011 hat das Landgericht Erfurt der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen, jedoch auf den Antrag der Staatsanwaltschaft Erfurt vom 26.01.2011 die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung vom 18.01.2011 gemäß § 307 Abs. 2 StPO bis zur Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts über die weitere Beschwerde ausgesetzt.

...

In ihrer Zuschrift an den Senat vom 10.03.2011 ist die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft der weiteren Beschwerde mit dem Antrag beigetreten, den Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 18.01.2011 aufzuheben und den dinglichen Arrest über 12.000.000,00 EUR in das Vermögen des Beschuldigten anzuordnen.

II. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1. Die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO zulässig.

Der Auffassung, dass § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO nur die weitere Beschwerde gegen eine den dinglichen Arrest anordnende oder bestätigende Beschwerdeentscheidung eröffnet (vgl. OLG München, Beschluss vom 12.11.2007, Az.: 2 Ws 942/07, wistra 2008, 78 ff), nicht aber gegen eine den Arrest aufhebende oder seine Ablehnung bestätigende Entscheidung, folgt der Senat nicht.

Der Wortlaut des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO zwingt nicht zu dieser Auslegung. Denn zu der Gesetzesformulierung in Nr.1 und 2 dieser Vorschrift ("Wenn die Beschlüsse eine Verhaftung oder eine einstweilige Unterbringung betreffen") besteht kein entscheidender Unterschied. In den Fällen einer Verhaftung oder einstweiligen Unterbringung ist aber unbestritten, dass jeweils auch die die Haft- oder Unterbringung aufhebende Beschwerdeentscheidung mit der weiteren Beschwerde anfechtbar ist (OLG Celle, Beschluss vom 20.05.2008, Az.: 2 Ws 155/08, StV 2009, 120 ff.). Dass gesetzgeberisches Motiv für die Einführung des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO das besondere Schutzinteresse des Beschuldigten gegenüber ihn erheblich belastenden Vermögensbeschlagnahmen trotz noch fehlenden Tatnachweises war, spricht ebenfalls nicht dafür, der Staatsanwaltschaft die weitere Beschwerde gegen eine den Arrest aufhebende oder seine Ablehnung bestätigende Beschwerdeentscheidung zu versagen. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber sich nicht mit einer nach Beteiligten oder An- bzw. Nich...

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