Klaus Geissdörfer, Prof. Dr. Ronald Gleich
2.1 Ablauf einer TCO-Analyse
Ablauf
Die allgemeine Vorgehensweise bei der Einführung von TCO-Analysen ist in Abb. 1 skizziert. Ausgangspunkt ist ein erkannter Bedarf und ein mit der Analyse verbundener Nutzen. Im nächsten Schritt wird das zu untersuchende Objekt festgelegt und ein Team gebildet. Danach erfolgt die Identifikation der relevanten Kostenelemente und Kostenkategorien sowie der zugrunde liegenden Kostentreiber. Als Hilfsmittel dafür kann beispielsweise ein Prozessmodell dienen, aus dem alle mit dem Prozess direkt und indirekt verbundenen Kostenkategorien abgeleitet werden. Hierbei ist ein vorhandenes Prozesskostenrechnungs- oder ABC-Kostenrechnungssystem hilfreich, da bei der Prozesskostenrechnung bereits die Aktivitäten zu Teilprozessen und Hauptprozessen über entsprechende Kostentreiber zugeordnet sind.
Abb. 1: Vorgehensweise TCO
Schritte bei der Einführung
Anschließend wird anhand der ermittelten Kostenkategorien ein Modell zur Berechnung der TCO aufgestellt bzw. ein vorhandenes Modell mit den entsprechenden Daten befüllt und/oder an die speziellen Anforderungen angepasst. Das Modell wird mit den Daten getestet und danach sowohl die Daten als auch das Modell in einem iterativen Prozess optimiert. Liefert das Modell stabile und als verlässlich eingestufte Ergebnisse, kann es mit den operativen Systemen (Kostenrechnungssystem etc.) verknüpft werden, um eine permanente Aktualisierung der TCO-Analyse sowie Monitoring der Ergebnisse zu ermöglichen. Nach dem Abschluss des Projekts muss das System bei Bedarf an geänderte Rahmenbedingungen und Anforderungen angepasst werden.
Klares Bekenntnis zum wertbasierten Einkauf notwendig
Nach dem von Wouters et al. konzipierten und empirisch untersuchten Modell erfolgt die Einführung von TCO in einer bestimmten Reihenfolge von Schritten. Der Auslöser ist häufig ein durch den Wettbewerb induzierter Kostendruck im Einkauf. In einem solchen Umfeld messen Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Strategie dem Einkauf eine große Bedeutung bei, denn die maßgeblichen Kosten werden zu 60 – 70 % im Einkauf bestimmt. In einem ersten Schritt muss in die Einkaufsstrategie ein klares Commitment zum wertbasiertem Einkauf auf Basis funktionsübergreifender Ansätze sowie Gesamtkosten-/Wertbetrachtungen verankert werden. Auf dieser Basis kann das Top-Management für eine TCO-Initiative gewonnen werden. Dieses ist notwendig, um das operative Management beim Einsatz von TCO im operativen Geschäft zu unterstützen.
Als weitere Voraussetzung sind erste Erfahrungen im Umgang mit Wertanalysen von Vorteil. Dadurch wird ein Verständnis für die Art und Detaillierung der benötigten Daten geschaffen. Mit der Nachfrage nach diesen Daten wird wiederum deren systematische Generierung gefördert und die Datenqualität verbessert. Sind die Informationen verfügbar und verlässlich und gibt es erste konkrete Erfolgsgeschichten bei der Verwendung der Daten im Rahmen von TCO-Analysen (entsprechende Einsparungen bei den daraus resultierenden Einkaufsentscheidungen), kann das Leistungsbeurteilungs- und Bonussystem im Unternehmen auf TCO-basierte Inhalte umgestellt bzw. angepasst werden.
2.2 Auslöser und Einsatzgebiete für TCO-Projekte
Die Initiative zur Einführung von TCO kann in der Praxis auch von anderer Seite, z. B. der Unternehmensleitung, ausgehen. Auslöser muss nicht immer der Kostendruck, sondern kann beispielsweise auch die Steigerung des Wertbeitrags im Unternehmen oder die Entscheidung über den Einsatz von Ressourcen im Zuge einer "Make or Buy"-Entscheidung sein.
Einsatzgebiete
Über die Lieferantenauswahl hinaus umfassen die wichtigsten Einsatzgebiete von TCO im Einkauf Outsourcing-Entscheidungen, Lieferantenbeurteilungen und Leistungsmessung sowie Strukturierung wichtiger (Einkaufs-)Prozesse. Zudem kann TCO zur Lieferantenauszeichnung und -verbesserung, zur Festlegung der Prioritäten für verschiedene Projekte, zur Planung der zukünftigen Lieferantenleistung, Bereitstellung von Daten für Verhandlungen, zu Performancevorhersagen neuer Artikel auf Basis historischer Daten, zur Konzentration der Ressourcen auf die wichtigen Einkäufe, zum Lieferantenvergleich (Benchmark), zur Unterstützung der Aktivitäten in strategischen Allianzen, zur Reduzierung der Lieferantenzahl, zur Entscheidung über Lieferanteile, zur Identifikation von Schlüssellieferanten und zur Suche nach Verbesserungspotenzialen/Kostentreibern genutzt werden.
Neben dem Einkauf wird TCO auch im Marketing und hier speziell beim Marketing und Vertrieb von Industriegütern genutzt, um einen höheren Verkaufspreis durch längerfristige Kosteneinsparungen dem Kunden gegenüber zu rechtfertigen. Die Einsparungen im Betrieb überwiegen dabei den ursprünglichen Mehrpreis der Ware. Ein weiterer Einsatzbereich ist die Produktentwicklung. Insbesondere im Werkzeugmaschinenbau werden Ansätze zur Kopplung von TCO und der Overall Equipment Effectiveness (OEE) untersucht, mit dem Ziel, die niedrigsten Stückkosten je produziertes Teil zu erreichen.
Unternehmensübergreifender...