3.1 Die vorgesehenen Sonderverfahren einrichten
Vor diesem Hintergrund muss das Compliance Management zunächst für die Einrichtung der Verfahren sorgen und die hierfür Verantwortlichen auf Geschäftsleitungs- und/oder Fachebene bestellen lassen, so wie das in den jeweils anwendbaren Normen oder behördlichen Verlautbarungen vorgesehen ist. Diesbezügliche Entscheidungen gehören zu den Aufgaben der Geschäftsleitung.
3.2 Personelle und verfahrensmäßige Dopplungen vermeiden
Wegen der inhaltlichen Nähe der einzelnen Themen entstehen dabei notwendigerweise Überschneidungen
- So hat ein Unternehmen, das bereits Zugelassener Wirtschaftsbeteiligter für das Zollverfahren ist (AEO– S oder – F Bewilligung), bereits einen Teil der Anforderungen des Luftfahrt Bundesamtes für die Zulassung zum Bekannten Versender erfüllt. Gleichwohl sind getrennte Antragsverfahren erforderlich.
- Wer die Systemanforderungen aus der Exportkontrolle für Rüstungs- und Dual-Use-Güter und der Einhaltung von Embargos und Anti-Terror-Sanktionen erfüllt, trägt zugleich AEO-Anforderungen Rechnung.
- Diese wiederum können bei Wahrnehmung der GWG-Pflichten abgedeckt werden. Das GWG verlangt die Prüfung, ob potentielle Geschäftspartner als mögliche Terroristen benannt sind. Wer hierfür auf einen IT-unterstützten Listenabgleich im Rahmen der Standardprozesse für die Geschäftspartnerauswahl und Mitarbeiter-Rekrutierungssorgfalt zurückgreift, erfüllt auch die weitergehenden ausgerichteten Anforderungen der Zollbehörden, die zunächst nicht risikobasiert, sondern formal ausgerichtet sind.
An den unterschiedlichen Verfahren und Behörden können Unternehmen nichts ändern. Sie sollten sich daher gegebenenfalls beraten lassen, wie Synergieeffekte ausgenutzt werden können.
3.3 Koordination, Schulung und Umsetzungskontrollen
Auf dieser Grundlage hat das Compliance Management unterhalb der Geschäftsleitungsebene mit dem Compliance-Beauftragten bzw. dem Risikomanagement- und Compliance Koordinationsgremium (Compliance Board) folgende Aufgaben:
- Compliance Risikoprofil: Welche Regelungen sind maßgeblich?
- Mitwirkung bei der Schaffung der behördlich vorgesehenen Verfahren.
- Einbindung dieser Verfahren in das Compliance Management System.
- Einrichtung Compliance-eigener Prozesse für Aufgabenstellungen, die von den Fachprozessen nicht abgedeckt werden.
- Sorge für eine ordnungsgemäße Pflichtendelegation
- Sorge für Anweisungen zur Dokumentation der Arbeits- und Prüfungsschritte
- Sorge für die Einrichtung regelmäßiger Umsetzungskontrollen.
- Schulung und Beratung von Mitarbeitern, die nicht von der Mitarbeiterschulung im Rahmen der Fachprozesse wahrgenommen wird.
- Koordination der Fachprozesse zur Erzielung von Synergieeffekten.
3.4 Pflichteninventur im Rahmen des Trade Compliance Risikoprofils
Zunächst ist festzustellen, welche Anforderungen für ein Unternehmen aufgrund dessen Güterproduktion, Dienstleistungen oder Kunden- und Lieferantenkreises gelten und welche Abteilungen im Unternehmen hiervon betroffen sind.
Hierzu können die Fragebogen der Compliance Gefährdungsanalyse eingesetzt werden (Merkblatt Compliance-Gefährdungsanalyse und Risikomanagement, Fragebögen für Führungskräfte, Fragebogen 1: Welche Compliance-Berührungspunkte hat Ihr Aufgabenbereich?
Zur Unterstützung der angesprochenen Führungskräfte kann Compliance und/oder der Exportbeauftragte – wenn bereits benannt – eine Liste von Anhaltspunkten für Beschränkungen aufstellen.
- Hierbei sollten Mitarbeite mit Zollkenntnissen mitwirken. Das Umschlüsselungsverzeichnis lässt anhand der Zollcodierungen erkennen, welche Güter mit Exportkontrollbeschränkungen belegt sind (allerdings nicht lückenlos).
Zieht man die Branchen-,dual
Güter- und Dienstleistungsgliederung in den AWV-Anhängen hinzu, können gezielt diejenigen Führungskräfte angesprochen werden, die möglicherweise Rüstungs-, Dual-Use oder vergleichbare Güter herstellen, exportieren oder hierfür Service-oder Know-how-Leistungen erbringen.
- Zur Ergänzung sollte eine Aufstellung der Staaten, Güter bzw. Dienstleistungen beigefügt werden, die mit Embargos belegt sind.
- Das sollte auch dann geschehen, wenn IT-unterstützte Prüfverfahren solche Beschränkungen automatisch berücksichtigen. Die verantwortlichen Führungskräfte sollten selbst ein Gefühl für neuralgische Punkte erhalten, damit sie kritische Entwicklungen, wie z. B. die Neuausstellung oder das Umschreiben von Rechnungen (Reinvoicing), Änderungen der Transportpapiere oder nicht plausible Endverwendungserklärungen erkennen können.
3.5 Vorgaben
Deutsche, EU- und UN-Vorgaben
Für deutsche Unternehmen und deren Mitarbeiter in Deutschland sind grundsätzlich nur die in Deutschland geltenden Regeln zu beachten, d. h. deutsche Gesetze und Verordnungen, EU-Verordnungen und UN-Resolutionen nach deren Umsetzung in nationales Recht. Das deutsche Recht und das EU-Recht untersagen sogar ausdrücklich die Beachtung ausländischer Lieferverbote und Embargos durch deutsche Unternehmen (§ 7 AWV (Boykottverbot); z. B. EU-VO Nr. 2271/1996 "Zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen" wegen Kuba-Sanktionen der USA und jetzt eine entsprechende Regelung in Hinblick a...