Dr. Johannes Isensee, Dr. Andreas Lemmerer
Vorhersagen automatisieren
Ziel des "Digital Forecasting" ist es, die Vorhersagegüte von Modellen vor allem in operativen Bereichen, z. B. Einkauf, Vertrieb, Disposition, Produktion, zu maximieren. Um diese Maximierung zu erreichen, sind zwei konzeptionelle Erweiterungen in klassischen bzw. bisherigen Treibermodellen notwendig:
- Berücksichtigung von Treibern, deren Zusammenhänge mit den KPIs des Treibermodells nicht direkt rechenbar sind (komplexe/probabilistische Zusammenhänge)
- Berücksichtigung möglichst vieler potenzieller Treiber aus unternehmensinternen und -externen Quellen unabhängig davon, ob diese strukturiert oder nicht strukturiert vorliegen (Modellerweiterung)
In Abb. 6 ist ein Digital-Forecast-Modell dargestellt, bei dem die Personalkosten eines produzierenden Werkes vorhergesagt werden sollen. Da der Treiber "Krankheitsstunden" Schwankungen unterliegt, die nicht auf Basis von im Unternehmen verfügbarem Expertenwissen modelliert werden können, wird dieser im Digital-Forecast-Modell statistisch prognostiziert. Dafür werden in einem statistischen Modell alle potenziellen Einflussgrößen, für die Daten zur Verfügung stehen, in ein kausales Netz eingebettet. Durch jede zusätzliche Größe im kausalen Netz kann die Vorhersagegüte (Predictive Power) weiter gesteigert werden. In der Praxis ist die Anzahl an im Modell berücksichtigten Einflussgrößen meist nur durch die beschränkte Verfügbarkeit von Daten limitiert.
Als Ausgabewert, also als Ergebnis der Vorhersage, ergibt sich im statistischen Modell die Anzahl an Krankheitsstunden, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreten werden. Der wahrscheinlichste dieser Werte, also jene Anzahl an Krankheitsstunden, die als am wahrscheinlichsten ermittelt wurde, kann dann in das gesamte Predictive-Forecast-Modell übernommen werden, wo dann mit deterministischen Zusammenhängen weitergerechnet werden kann.
Abb. 6: Digital-Forecast-Modell mit kausalem Netz von Treibern
Gerade die erhöhte Komplexität der Digital-Forecast-Modelle aufgrund der beschriebenen konzeptionellen Erweiterungen erhöhen die Notwendigkeit des Einsatzes von Treibermodellen im Digital Forecasting. Die Ergebnisse komplexer Modelle können für den Anwender ohne die Einbettung in ein Treibermodell weder objektiv interpretiert werden, noch könnten direkte Maßnahmen abgeleitet werden. Die Einbettung von Digital-Forecast-Modellen in übergreifende Treibermodelle ist daher unverzichtbar, um den Nutzen statistischer Methoden für die Steuerung zu optimieren.