Der Nachlasspfleger ist nicht berechtigt, mit Wirkung für die unbekannten Erben eine in den Nachlass des Erblassers gefallene weitere Erbschaft auszuschlagen. Das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft ist ein allein dem Erben bzw. seinen Rechtsnachfolgern, den Erbeserben, persönlich zustehendes Recht.

BGH v. 16.3.2022 – IV ZB 27/21

BGB § 1960, § 1952

Beraterhinweis Dass der Nachlasspfleger nicht berechtigt ist, die Erbschaft für die unbekannten Erben anzunehmen oder auszuschlagen, ist seit jeher allgemein anerkannt (Motive, Bd. V, S. 550; Mesina in Staudinger, BGB, § 1960 Rz. 48; Leipold in MünchKomm/BGB, § 1960 Rz. 70; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 1945 Rz. 2). Unterschiedlich beurteilt wurde bislang dagegen, ob der Nachlasspfleger das Recht hat, für die unbekannten Erben eine dem Erblasser vor dem Erbfall angefallene Erbschaft nach § 1952 BGB auszuschlagen, die dieser selbst zu Lebzeiten noch nicht angenommen oder ausgeschlagen hat (dafür u.a. Mesina in Staudinger, BGB, § 1960 Rz. 48; Zimmermann, Nachlasspflegschaft, Rz. 387; dagegen u.a. Leipold in MünchKomm/BGB, § 1960 Rz. 70; Naczinsky in Soergel, BGB, § 1960 Rz. 38). Richtigerweise macht es keinen Unterschied, ob es sich um die Ausschlagung der Erbschaft nach dem Erblasser (sog. Hauptnachlass) oder um die Ausschlagung einer in den Nachlass des Erblassers gefallenen Erbschaft eines Dritten (sog. Unternachlass) handelt. In beiden Fällen ist es eine persönliche Entscheidung des Erben oder Erbeserben, ob er die Erbschaft annehmen oder ausschlagen will. Auch zum Schutze des Hauptnachlasses vor dem Zugriff der Gläubiger eines überschuldeten Unternachlasses ist eine Ausschlagung nicht erforderlich, weil der Nachlasspfleger die Einrede der Dürftigkeit (§§ 1990, 1991 BGB) erheben oder sich auf den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung (§ 780 ZPO) berufen kann (s. Dobler in Staudinger, BGB, § 1990 Rz. 44; Küpper in MünchKomm/BGB, § 1990 Rz. 10).

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