a) Keine Angabe des Berufungsgrundes im Erbschein
Im Erbschein ist der Berufungsgrund grundsätzlich auch dann nicht anzugeben, wenn dies beantragt ist. (amtl.)
BGH v. 8.9.2021 – IV ZB 17/20
BGB § 2353; FamFG § 352
Beraterhinweis Der Erbschein bezeugt das Erbrecht des Erben zum Zeitpunkt des Erbfalls und gibt Aufschluss über mögliche dingliche Beschränkungen des Erbrechts. Zum notwendigen Inhalt des Erbscheins gehören deshalb folgende Angaben:
- Bezeichnung des Erblassers
- Bezeichnung des oder der Erben
- Umfang des Erbrechts
- Beschränkung durch Nacherbfolge (§ 352a Abs. 1 FamFG)
- Beschränkung durch Testamentsvollstreckung (§ 352a Abs. 2 FamFG).
Nicht anzugeben sind schuldrechtliche Beschränkungen und Beschwerungen des Erben wie Vermächtnisse, Auflagen, Teilungsanordnungen und Teilungsverbote sowie der Bestand des Nachlasses (Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2353 Rz. 5). Nachträgliche Veränderungen, die auf die Erbfolge keine Auswirkung haben wie Erbschaftsverkauf, Erbteilsübertragung oder der Tod eines Erben, bleiben ebenfalls unberücksichtigt (Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2353 Rz. 5).
Auch der Berufungsgrund, also ob der Erblasser kraft Gesetzes oder aufgrund Verfügung von Todes wegen beerbt wurde, ist nicht in den Erbschein aufzunehmen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dies bei mehrfachem Berufungsgrund wie in den Fällen der §§ 1951, 2088 BGB zur Bezeichnung des Umfangs des Erbrechts notwendig ist (Herzog in Staudinger, BGB, § 2353 Rz. 428; Grziwotz in MünchKomm/BGB, § 2353 Rz. 26).
Sind mehrere Erben vorhanden, ist die Angabe der Erbteile im gemeinschaftlichen Erbschein seit Änderung der Vorschriften zum Erbschein mit Wirkung vom 17.8.2015 (BGBl. I 2015, 1042) nicht mehr erforderlich, wenn alle Antragsteller auf die Aufnahme der Erbteile verzichten (§ 352 Abs. 2 Satz 2 FamFG n.F.). Hierdurch soll insb. in den Fällen, in denen der Erblasser sein Vermögen nicht nach Bruchteilen verteilt hat, sondern nach Gegenständen, deren Wertverhältnis schwer zu ermitteln ist, eine rasche Erbscheinserteilung ermöglicht werden (s. BR-Drucks. 644/14, 70; BT-Drucks. 18/4201, 60). Früher behalf sich die Rspr. in solchen Fällen mit der Erteilung eines vorläufigen gemeinschaftlichen Erbscheins, der nach Klärung der wahren Höhe der Erbteile wieder einzuziehen war (s. OLG Düsseldorf v. 9.11.1977 – 3 W 178/77, DNotZ 1978, 683).
b) Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde im Erbscheinsverfahren
Eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung im Erbscheinsverfahren ist aus Gründen der Subsidiarität wegen der Möglichkeit der Erbenfeststellungsklage regelmäßig unzulässig. (amtl.)
BayVerfGH v. 17.8.2021 – Vf. 84-VI-20
BGB § 2353, § 2361; ZPO § 256; BayVfGHG Art. 51
Beraterhinweis Die Verfassungsbeschwerde ist ein letzter außerordentlicher Rechtsbehelf, der nur dann zum Zuge kommt, wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft sind, um eine verfassungswidrige Maßnahme zu beseitigen. Selbst wenn der Rechtsweg im Erbscheinsverfahren erschöpft und der Erbschein bereits erteilt ist, besteht für den wirklichen Erben jederzeit die Möglichkeit, vor dem Prozessgericht eine Erbenfeststellungsklage gegen die Antragsteller im Erbscheinsverfahren zu erheben (BVerfG v. 29.8.2005 – 1 BvR 219/05, NJW-RR 2005, 1600; BVerfG v. 23.11.2016 – 1 BvR 2555/16, FamRZ 2017, 324; BVerfG v. 25.5.2020 – 1 BvR 1060/20, FamRZ 2020, 1390). Dieser Vorrang der Erbenfeststellungsklage gilt nicht nur in den Fällen, in denen es um eine inhaltliche Überprüfung des Ergebnisses des Erbscheinsverfahrens geht, sondern auch dann, wenn Verfahrensfehler gerügt werden. Das Prozessgericht ist dabei nicht gehindert, von den Feststellungen des Nachlassgerichts abzuweichen (BGH v. 14.4.2010 – IV ZR 135/08, FamRZ 2010, 1068). Im Erbscheinsverfahren werden keine der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidungen über das Erbrecht getroffen, die Bindungswirkung für einen späteren streitigen Prozess über die Feststellung des Erbrechts entfalten. Dem Erbschein kommt keine Rechtskraftwirkung zu, sondern er kann nach § 2361 BGB jederzeit eingezogen werden (BGH v. 14.4.2010 – IV ZR 135/08, FamRZ 2010, 1068). Sofern Dritte als Erben nicht ernsthaft in Betracht kommen, hat das Nachlassgericht den Erbschein grundsätzlich demjenigen zu erteilen, dessen Erbrecht im Prozess rechtskräftig festgestellt wird (BayObLG v. 30.4.1998 – 1Z BR 187/97, FamRZ 1999, 334; KG v. 11.11.2014 – 1 W 547-548/14, FGPrax 2015, 52; Zimmermann in Keidel, FamFG, § 352e Rz. 65).
c) Vertretung des Antragstellers im Erbscheinsverfahren
1. Im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins kann sich der Antragsteller vertreten lassen. Hierfür ist eine schriftliche Vollmacht ausreichend.
2. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem. § 352 Abs. 3 Satz 3 FamFG kann bei einem nicht geschäftsfähigen Antragsteller durch einen Vorsorgebevollmächtigten erfolgen. (alle amtl.)
OLG Bremen v. 14.9.2021 – 5 W 27/21
BGB § 2353, FamFG § 10, § 11, § 352
Beraterhinweis In Rspr. und Literatur ist streitig, ob die nach § 352 Abs. 3 Satz 3 FamFG erforderliche eidesstattliche Versicherung für einen geschäftsunfähigen Antragsteller durch einen Vorsorgebevollmächtigten abgegeben werden kann (so OLG Celle v. 20.6.2018 – 6 W 78/18, FamRZ 201...