Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Nach dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz sind ab dem 1.1.2014 Lieferungen von Briefmarken oder Sammlungsstücken nicht mehr dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Da zu erwarten ist, dass zum 1.1.2014 viele Briefmarken- und Münzhändler wegen des dann anzuwendenden Regelsteuersatzes so weit wie möglich die Differenzbesteuerung anwenden wollen, gibt die Finanzverwaltung im Rahmen von Vereinfachungsregelungen vor, wie die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis bei dem Warenbestand vom 31.12.2013 zu ermitteln ist.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Die Lieferung von Briefmarken und dergleichen als Sammlungsstücke (lfd. Nr. 49 Buchst. f der Anlage 2 zum UStG), Kunstgegenständen (lfd. Nr. 53 der Anlage 2 zum UStG) sowie Sammlungsstücken (lfd. Nr. 54 der Anlage 2 zum UStG) unterliegt seit dem 1.1.2014 nicht mehr dem ermäßigten Steuersatz.
Nur noch die Einfuhr unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Außerdem unterliegt unter bestimmten weiteren Voraussetzungen auch die Lieferung und der innergemeinschaftliche Erwerb von Kunstgegenständen dem ermäßigten Steuersatz – allerdings grundsätzlich dann nicht, wenn der Lieferer ein gewerbsmäßiger Händler (Wiederverkäufer) ist.
Bisher hätten Briefmarken- und Münzhändler unter den weiteren Voraussetzungen auch schon die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG in Anspruch nehmen können. Da bei der Anwendung der Differenzbesteuerung aus der Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis aber immer der Regelsteuersatz von 19 % herauszurechnen ist, war bei Gegenständen, die ansonsten dem ermäßigten Steuersatz unterlagen, die Differenzbesteuerung oftmals wirtschaftlich nicht sinnvoll, sodass trotz Vorlage der Voraussetzungen in vielen Fällen auf die Anwendung der Differenzbesteuerung verzichtet wurde.
Nachdem zum 1.1.2014 die Lieferung von Briefmarken und von Münzen als Sammlungsstücke nicht mehr dem ermäßigtem Steuersatz unterliegt, ist die Anwendung der Differenzbesteuerung für die gewerbsmäßigen Händler von großer wirtschaftlicher Bedeutung, sodass viele Händler zur Differenzbesteuerung wechseln werden.
Wollen Unternehmer, die bisher die Differenzbesteuerung zwar hätten anwenden können, dies aber nicht getan haben, später die Differenzbesteuerung anwenden, ergeben sich Probleme für den Nachweis der Voraussetzungen für den vorhandenen Warenbestand. Insbesondere werden keine ausreichenden Aufzeichnungen vorliegen,
- welche Gegenstände die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 UStG erfüllen, insbesondere, welche Gegenstände ohne Umsatzsteuer erworben wurden und
- wie hoch die Einkaufspreise waren (zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei der Differenzbesteuerung ist es notwendig, dass dem Verkaufspreis der jeweilige Einkaufspreis gegenüber gestellt wird).
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Das BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 25a.1 Abs. 12 UStAE.
Wegen der Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn der Unternehmer, der bisher die Differenzbesteuerung nicht angewendet hatte, zum 1.1.2014 die Differenzbesteuerung anwenden möchte, hat die Finanzverwaltung für Briefmarken- und Münzhändler eine Übergangsregelung getroffen, damit auch der vorhandene Warenbestand in die Differenzbesteuerung einbezogen werden kann.
Für die Frage, ob die Gegenstände grundsätzlich die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG erfüllen, bildet die Finanzverwaltung 2 Töpfe:
- Der "60 %-Topf": Es kann davon ausgegangen werden, dass 60 % der zum 31.12.2013 vorhandenen Gegenstände die Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung erfüllen. Für diese Gegenstände kann die Differenzbesteuerung angewendet werden.
- Der "40 %-Topf": Es kann davon ausgegangen werden, dass 40 % der zum 31.12.2013 vorhandenen Gegenstände die Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung nicht erfüllen. Diese Gegenstände unterliegen der Regelbesteuerung.
Nach den Ausführungen der Finanzverwaltung handelt es sich bei der Zuordnung in die beiden Töpfe nicht um eine wertmäßige Zuordnung, sondern man geht von den jeweiligen Stückzahlen aus. Welche Gegenstände der Unternehmer den einzelnen Töpfen zuordnet, kann er alleine bestimmen, die Zuordnung ist aber zu dokumentieren.
Für die in dem "60 %-Topf" befindlichen Gegenstände, für die die Differenzbesteuerung angewendet werden kann, ergibt sich weiterhin die Schwierigkeit, dass der damalige Einkaufspreis nur schwer ermittelbar sein wird. Die Finanzverwaltung lässt es deshalb zu, dass der Unternehmer in diesen Fällen den Einkaufspreis für die Gegenstände mit 70 % des Verkaufspreises schätzt. Damit ergibt sich eine Bruttomarge für den Unternehmer i. H. v. 30 %.
Will der Unternehmer für Gegenstände, die im Einkaufspreis 500 EUR nicht überschritten haben, die Gesamtdifferenzbesteuerung nach § 25a Abs. 4 UStG anwenden, kann er die der Differenzbesteuerung unterliegenden Gegenstände ebenfalls im Verhältnis 60 : 40 aufteilen. Veräußert der Unternehmer einen Gegenstand aus dem der Gesamtdifferenzbesteuerung unterliegenden "60 %-Topf", ...