Kommentar
Die Vermietung einer Wohnung i. S. von § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG setzt voraus, daß eine Vereinbarung über eine zeitweise entgeltliche Nutzungsüberlassung einer Wohnung i. S. von § 535 BGB getroffen worden ist. Diese Voraussetzung ist grundsätzlich auch erfüllt, wenn ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aufgrund einer im Arbeits- oder Dienstvertrag getroffenen Vereinbarung neben einem Barlohn eine Wohnung in der Weise zur Nutzung überläßt, daß die Nutzungsüberlassung Teil der vom Arbeitgeber geschuldeten Entlohnung ist ( Vermietung und Verpachtung ).
In einem solchen Fall liegt regelmäßig ein gemischter Vertrag vor, der Elemente eines Dienst- und eines Mietvertrages enthält. Als „Mietzins” für die Nutzungsüberlassung der Wohnung durch den Arbeitgeber schuldet der Arbeitnehmer nicht eine Geldzahlung, sondern seine Dienste.
Es ist im Zivilrecht anerkannt, daß der Mietzins i. S. von § 535 Satz 2 BGB nicht notwendigerweise durch Zahlung von Geld zu entrichten ist, sondern auch durch Dienstleistungen erbracht werden kann.
Die Einnahme des Arbeitgebers aus der Vermietung ( § 8 Abs. 1 EStG , § 21 Abs. 1 Satz 1 EStG ) besteht in der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, soweit sie anteilig auf die Wohnungsüberlassung entfällt. Der in § 8 Abs. 1 EStG verwendete Begriff der Güter in Geldeswert ist weit zu verstehen und erfaßt jeden geldwerten Vorteil (BFH, Beschluß v. 20. 8. 1986, I R 41/82, BStBl 1987 II S. 65, 69). Einnahme i. S. des § 8 Abs. 1 EStG kann dementsprechend auch eine Dienstleistung sein.
Der Wert einer Einnahme, die nicht in Geld, sondern z. B. in einer Dienstleistung besteht, ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu ermitteln ( BFH, Urteil v. 22. 1. 1992, X R 35/89 , BStBl 1992 II S. 552, 553).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 01.09.1998, VIII R 3/97
Hinweise:
1. Die Klägerin beschäftigte in ihrem privaten Haushalt eine Haushälterin. Deren Dienstleistungen wurden von der Klägerin dadurch entgolten, daß sie der Haushälterin einen Barlohn zahlte und eine Wohnung „unentgeltlich” überließ.
2. Bereits in einem zur Umsatzsteuer (zu § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ) ergangenen Urteil v. 30. 7. 1986, V R 99/76, BStBl 1986 II S. 877 hat der BFH ausgeführt, daß ein auf die Überlassung einer sog. Werkdienstwohnung (vgl. § 565e BGB ) gerichteter Dienstvertrag hinsichtlich der Wohnungsüberlassung alle Merkmale eines Mietvertrages über Wohnraum erfülle. Für das Einkommensteuerrecht kann nichts anderes gelten.
3. Soweit sich Dienstleistung der Haushälterin und Wohnungsgewährung durch die Klägerin gegenüberstanden, lag ein tauschähnliches Geschäft mit der Folge vor, daß jeder Vertragspartner das für seine Leistungen empfangene Entgelt zu versteuern hatte, d. h. die Haushälterin den Geldwert der ihr überlassenen Wohnung (neben dem Barlohn) als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ( § 19 EStG ) und die Klägerin den Geldwert der empfangenen Dienstleistung, soweit damit die Wohnungsgewährung entgolten wurde, als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ( § 21 EStG ).