Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Bei einem in einem Feriengebiet gelegenen Gebäude, dessen Räumlichkeiten zum Teil selbst genutzt und zum Teil an wechselnde Mieter auf Dauer vermietet werden, ist durch eine Prognose festzustellen, ob in einem Zeitraum von 30 Jahren aus der Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss erzielt werden kann.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige erwarb 1989 eine alte Schule in einer Ferienlandschaft in Schleswig-Holstein. Der Kaufpreis betrug 244.709 DM. Die teilweise erfolgte Sanierung und Umbau des Gebäudes erfolgte in Eigenarbeit des Steuerpflichtigen und ist bisher noch nicht abgeschlossen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass umfangreiche Umbau- und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen gewesen seien und ihm die finanziellen Mittel für eine schnellere Durchführung fehlen würden. Seit 1991 vermietete der Steuerpflichtige jeweils ein bis mehrere Zimmer für längere Zeiträume an wechselnde Mieter. Als Mieteinnahmen erklärte er 1991 700 DM, 1992 1.200 DM, 1993 1.725 DM und für die Jahre 1994 bis 1996 jeweils 3.300 DM. In den Veranlagungszeiträumen 1989 bis 1997 machte der Steuerpflichtige aus dem Anwesen laufend Verluste geltend. Das FA berücksichtigte die erklärten Verluste nicht, mit der Begründung, es fehle an der Überschusserzielungsabsicht.
Entscheidung
Das FG bestätigte die Rechtsaufassung des FA. Bei Vermietung und Verpachtung wird eine Vermietungstätigkeit einkommensteuerrechtlich nur dann dieser Einkunftsart zugeordnet, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Absatz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (vgl. BFH, Urt. v. 30.9. 1997, IX R 80/94, BStBl II 1998, S. 771). Diese Grundsätze sind auch bei Ferienwohnungen anzuwenden, es sei denn, es liegt auch teilweise eine Selbstnutzung vor. Liegt eine Selbstnutzung vor oder wird eine Selbstnutzung vorbehalten, entfällt die Möglichkeit ohne Prüfung von einer Überschusserzielungsabsicht auszugehen (vgl. BFH, Urteil vom 6.11.2001 IX R 85/00, BFH/NV 2002, S. 767). Im Urteilsfall stellte die Vermietung der Räumlichkeiten auf dem Grundstück des Steuerpflichtigen keine ausschließliche Ferienwohnungsvermietung dar, da nach Auffassung des FG zumindest in dem Zeitraum, in dem der Steuerpflichtige das Anwesen saniert und renoviert hat, auch eine Selbstnutzung vorliegt; der Steuerpflichtige hatte nach seinen Angaben in dem Zeitraum ab Erwerb des Hauses bis zum Abschluss der Sanierungs- und Renovierungsarbeiten nämlich nahezu jedes Wochenende und sämtliche Ferien auf dem Grundstück verbracht. Da somit eine zeitweise Selbstnutzung gegeben war, hatte das FG die Überschusserzielungsabsicht zu überprüfen. Dies erfolgte im Wege einer Prognose für einen zeitraum von 30 Jahren. Im Jahr 2019, also nach 30 Jahren belaufen sich die Werbungskosten-Überschüsse immer noch auf 232.836 DM. Erst im Jahr 2035 - nach 46 Jahren - stünden im Fall des Steuerpflichtigen die gesamten Herstellungskosten einschließlich Kaufpreis von insgesamt 339.156 DM erstmalig einem Totalgewinn von 9.832 DM gegenüber.
Hinweis
Bei einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereit gehaltenen (Ferien-)wohnung ist ohne weitere Prüfung von einer Überschusserzielungsabsicht auszugehen. Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige die (Ferien-)wohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines fremden Dritten vermietet. Nutzt der Steuerpflichtige die Wohnung dagegen von Anfang an oder erst in einem späteren Veranlagungszeitraum zeitweise selbst oder überlässt er sie zeitweise unentgeltlich Dritten zur Nutzung, ist die Überschusserzielungsabsicht ab diesem Zeitpunkt stets zu prüfen. Der Steuerpflichtige muss dann im Rahmen der ihm obliegenden Feststellungslast für die Anerkennung dieser Absicht objektive Umstände vortragen, auf Grund derer im Beurteilungszeitraum ein Totalüberschuss erwartet werden kann. Bei der Ermittlung des Totalüberschusses aus Vermietung und Verpachtung ist hierbei von den Ergebnissen auszugehen, die sich nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften voraussichtlich ergeben werden. In die Prognose sind deshalb als Werbungskosten nur die Aufwendungen einzubeziehen, die (ausschließlich oder anteilig) auf Zeiträume entfallen, in denen die (Ferien-)wohnung tatsächlich vermietet oder zur Vermietung angeboten und bereitgehalten worden ist, dagegen nicht die auf die Zeit der nicht steuerbaren Selbstnutzung entfallenden Aufwendungen (vgl. hierzu auch im einzelnen BMF, Schreiben v. 20.11.2003, IV C 3 - S 2253 - 98/03 II).
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 29.01.2003, I 320/99