Leitsatz
Nach § 33 b Abs. 5 EStG wird der Behinderten-Pauschbetrag auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn er einem Kind zusteht, für das der Steuerpflichtige einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt. Voraussetzung ist grundsätzlich die unbeschränkte Steuerpflicht des Kindes. Auch ein in der Tschechischen Republik lebendes Kind ist für die Übertragung eines Behinderten-Pauschbetrages ebenfalls als unbeschränkt steuerpflichtig anzusehen, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG nur deshalb nicht angenommen werden könne, weil es keine inländischen Einkünfte erziele.
Sachverhalt
Die volljährige Tochter des Steuerpflichtigen lebt bei der geschiedenen Mutter in der Tschechischen Republik. Die Kindesmutter erhält dort für die Tochter kein Kindergeld. Für die Tochter wurde ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt. Die Tochter hat einen Behinderten-Pauschbetrag wegen fehlender eigener Einkünfte nicht in Anspruch genommen. Der im Inland lebende Vater erhält für seine Tochter einen Kinderfreibetrag, der nach der Ländergruppeneinteilung auf 1/3 gemindert ist. Er begehrt die Übertragung des Behinderten-Pauschbetrages auf sich.
Entscheidung
Die in der Tschechischen Republik lebende Tochter ist nicht unbeschränkt steuerpflichtig, weil sie im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat sowie keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und in keinem öffentlichen Dienstverhältnis steht. Auch eine direkte Anwendung des § 1 Abs. 3 EStG kommt nicht in Betracht. Danach können Personen als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden, soweit sie bestimmte inländische Einkünfte haben. Die Gesamteinkünfte müssen danach zu 90 v.H. der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die ausländischen Einkünfte dürfen nicht mehr als 12.000 DM im Kalenderjahr (bis zum VZ 2001; ab VZ 2002: 6.136 EUR) - 4.000 DM (bis VZ 2001; ab VZ 2002: 2.045 EUR) nach der Minderung aufgrund der Ländergruppeneinteilung - betragen. Die tschechische Tochter hatte keine ausländischen Einkünfte von mehr als 4.000 DM und kein inländischen Einkünfte. Daran scheitert die unbeschränkte Steuerpflicht. Bei EU/EWR-Bürgern und gleichzubehandelnden Deutschen wird jedoch nach erweiternder Rechtsprechung des BFH trotz fehlender inländischer Einkünfte des Kindes deren unbeschränkte Steuerpflicht angenommen und deren Behinderten-Pauschbetrag auf den inländischen Elternteil übertragen.
Dieser Rechtsgedanke müsse nach Auffassung des FG auch auf Kinder übertragen werden, die nicht in einem EU/EWR-Staat leben und nur mangels inländischer Einkünfte nicht als unbeschränkt steuerpflichtig angesehen werden. Es komme nicht auf den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes, sondern auf die Staatsangehörigkeit des Steuerpflichtigen an, der die Übertragung des Pauschbetrages begehrt, denn dem Steuerpflichtigen und nicht dem Kind soll die Begünstigung zukommen. Deshalb erhalte der Steuerpflichtige im Streitfall einen Behinderten-Pauschbetrag in Höhe von 2.760 DM.
Hinweis
Es ist ratsam, zunächst eine vorliegende Behinderung und den Grad der Behinderung in einem förmlichen Verfahren nach § 4 Abs. 1 SchwbG feststellen zu lassen. Hierfür gibt es für jedes Land ein zuständiges Auslandsversorgungsamt. Ein solcher Feststellungsbescheid dient anschließend als Grundlage für die Beantragung eines inländischen Behinderten-Pauschbetrages. Gegen das Urteil des FG wurde inzwischen Revision eingelegt (Az. des BFH: III R 15/04). Bis zum Ausgang des Verfahrens können ähnliche Fälle zum Ruhen gebracht werden. Wem die Übertragung des Behinderten-Pauschbetrages für sein Kind versagt wird, kann die Aufwendungen, die ihm infolge der Behinderung des Kindes entstanden sind, in tatsächlicher Höhe als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend machen. Ein solcher Alternativantrag kann mit der Beantragung eines Behinderten-Pauschbetrages verbunden werden. Über die Höhe der Behinderten-Pauschbeträge ist beim Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 2 BvR 1059/03 derzeit eine Verfassungsbeschwerde anhängig.
Link zur Entscheidung
Sächsisches FG, Urteil vom 26.02.2004, 5 K 2096/00