Leitsatz

Wird ein nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG unentgeltlich aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen übertragenes Wirtschaftsgut innerhalb der dreijährigen Sperrfrist veräußert, ist auch dann rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert anzusetzen, wenn der einbringende Gesellschafter zu 100 % am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft (Einmann-GmbH & Co. KG) beteiligt war. Die infolge der Entstehung eines Übertragungsgewinns aufgedeckten stillen Reserven können jedoch gemäß § 6 Abs. 5 Satz 4 1. Halbsatz EStG durch Aufstellung einer negativen Ergänzungsbilanz dem einbringenden Gesellschafter zugeordnet werden. § 6 Abs. 5 Satz 4 1. Halbsatz EStG ist auch im Fall einer Einmann-GmbH & Co. KG anwendbar (entgegen R 6.15 EStR und Tz. 26 des BMF-Schreibens v. 8.12.2011.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Einmann-GmbH & Co. KG. Der Kommanditist hält 100 % der KG-Anteile und ist zugleich auch Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH. Der Kommanditist war Eigentümer eines Grundstücks, welches die KG in einer Sonderbilanz als SBV I des Kommanditisten mit 1,7 Mio. EUR erfasst hat. Im Jahr 2007 brachte der Kommanditist das Grundstück zum Buchwert in das Gesamthandsvermögen der KG ein. Die KG verkaufte das Grundstück im Jahr 2008 für 8,5 Mio. EUR. In der Feststellungserklärung der KG für 2007 wurden geringe laufende Einkünfte erklärt. Der Beklagte monierte, dass mit dem Verkauf des Grundstücks in 2008 ein Verstoß gegen die Behaltensfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG vorliege, da die Veräußerung innerhalb der dreijährigen Sperrfrist erfolgte. Daher sei bereits für die Übertragung in 2007 der Teilwert von 8,5 Mio. EUR anzusetzen mit der Folge der Aufdeckung der stillen Reserven.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Infolge der Veräußerung innerhalb der dreijährigen Sperrfrist ist zunächst nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG rückwirkend in 2007 ein Übertragungsgewinn i.H.v. 6,8 Mio. EUR entstanden. Der Senat folgt nicht der vom FG des Saarlands im Urteil v. 19.4.2012 vertretenen Auffassung, wonach ein Sperrfristverstoß dann ausscheidet, wenn der einbringende Gesellschafter zu 100 % am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft beteiligt war. Dem stehe der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Die infolge der Entstehung eines Übertragungsgewinns aufgedeckten stillen Reserven können jedoch durch Aufstellung einer negativen Ergänzungsbilanz dem einbringenden Kommanditisten zugeordnet und damit neutralisiert werden. Der Senat widerspricht damit der in R 6.15 EStR und in Tz. 26 BMF-Schreibens v. 8.12.2011 vertretenen Auffassung, wonach § 6 Abs. 5 Satz 4 1. Halbsatz EStG dann nicht anwendbar sein soll, wenn die Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen eines zu 100% an der KG beteiligten Kommanditisten in das Gesamthandsvermögen der KG erfolgt. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch dem Sinn- und Zweck der Vorschrift. Die Bildung einer Ergänzungsbilanz ermöglicht es somit, die Aufdeckung der stillen Reserven zeitlich vom Zeitpunkt der Einbringung auf den Zeitpunkt der Veräußerung zu verschieben. Dies gilt auch im Fall der Einmann-GmbH & Co. KG.

 

Hinweis

Das Urteil ist zu begrüßen, da es dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG entspricht. Die Sperrfristregelung will die Gestaltung verhindern, dass ein Gesellschafter einer Personengesellschaft Vermögensgegenstände aus dem Sonderbetriebsvermögen I in das Gesamthandsvermögen einlegt, um es anschließend zeitnah aus dem Gesamthandsvermögen heraus zu veräußern. Durch die Gestaltung könnte erreicht werden, dass sich der Veräußerungsgewinn anstatt nur auf einen Gesellschafter auf eine Mehrzahl von Gesellschaftern erstreckt, so dass zum einen Progressionsvorteile entstehen können und zum anderen Verlustvorträge anderer Mitunternehmer genutzt werden können. Es wäre nicht verständlich, diese Vorschrift auch bei einer Einmann-GmbH & Co.KG anzuwenden, da lediglich eine Person beteiligt ist und somit kein steuerlicher Missbrauch vorliegen kann.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 06.07.2012, 3 K 2579/11 F

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