Leitsatz
Wird ein Betrieb, den das Statistische Landesamt einem nach dem InvZulG begünstigten Wirtschaftszweig zugeordnet hat, vor Ablauf der Verbleibensfrist in einen nicht begünstigten Wirtschaftszweig umgruppiert, darf sich die Umgruppierung des Betriebs aus Gründen des Vertrauensschutzes regelmäßig nicht auf abgeschlossene Investitionen auswirken, für die der Betriebsinhaber (erhöhte) Investitionszulagen in Anspruch genommen hat. Dies gilt sowohl für Umgruppierungen aufgrund neuer statistischer Verzeichnisse als auch für Umgruppierungen aufgrund der geänderten Auffassung der Behörde. Die Investitionszulage darf nur zurückgefordert werden, wenn die ursprüngliche Zuordnung offensichtlich unzutreffend war oder sich die für die Zuordnung maßgebenden Verhältnisse geändert haben.
Normenkette
§ 5 Abs. 3 Nr. 2 InvZulG , § 3 Nr. 4 InvZulG
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt einen Steinbruch, in dem Natursteine durch Sprengung gewonnen werden. Der Bruch wird zu einer im Gelände des Steinbruchs befindlichen Aufbereitungsanlage der Klägerin transportiert, in der durch mehrmaliges Brechen und Sieben 13 verschiedene Produkte für das Baugewerbe, die Betonindustrie und den Straßenbau hergestellt werden. Die Produkte werden bis zum Verkauf auf Halden gelagert und je nach Bestellung vermischt und ausgeliefert.
Bis Anfang 1999 war die Klägerin vom Statistischen Landesamt der Gruppe 26.70 – Be- und Verarbeitung von Natursteinen – der Klassifikation der Wirtschaftszweige 1993 zugeordnet worden. Anfang 1999 wurde der Betrieb der Klägerin in die Gruppe 14.21 – Gewinnung von Kies und Sand – umgruppiert.
Mit Bescheid vom Oktober 1998 lehnte das FA die Gewährung einer Investitionszulage für das Streitjahr 1997 ab, weil der Betrieb der Klägerin nicht zum verarbeitenden Gewerbe i.S.d. § 3 Nr. 4, § 5 Abs. 3 InvZulG 1996 gehöre. Die dagegen gerichtete Klage war vor dem FG und dem BFH erfolgreich.
Entscheidung
Aus Gründen des Vertrauensschutzes werde der Anspruch der Klägerin auf erhöhte Investitionszulage durch die spätere anderweitige Zuordnung zu dem Wirtschaftszweig Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden nicht berührt. Die Förderung durch Investitionszulagen habe zum Ziel, Unternehmer zu Investitionen im Fördergebiet anzureizen, um die Wirtschaftskraft zu stärken und dadurch Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern.
Wer durch eine Behörde einem begünstigten Wirtschaftszweig (hier verarbeitendes Gewerbe) zugeordnet worden ist und für die begünstigten Investitionen im Fördergebiet eine (erhöhte) Investitionszulage in Anspruch genommen habe, müsse sich darauf verlassen können, dass die Investitionszulage nicht zurückgefordert werde, es sei denn, die ursprüngliche Zuordnung sei offensichtlich unzutreffend gewesen oder die für die Zuordnung maßgebenden Verhältnisse hätten sich geändert. Beides liege im Streitfall nicht vor.
Hinweis
Nach dem InvZulG 1996 erhöht sich die Investitionszulage von 5 % auf 10 %, wenn der Betrieb zum verarbeitenden Gewerbe gehört und die Wirtschaftsgüter, für welche die Zulage begehrt wird, mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einem solchen Betrieb verbleiben. Werden mehrere Tätigkeiten ausgeübt, kommt es für die Frage, ob ein Betrieb dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen ist, auf den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit an. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist der Einordnung der Unternehmen durch die Statistischen Landesämter grundsätzlich zu folgen, es sei denn, diese sei offensichtlich falsch. Die Entscheidungen der Statistischen Landesämter stützen sich auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige (1993), die eine Dokumentation der Verkehrsauffassung darstellt.
Da die Eingruppierung durch das Statistische Landesamt nur in Ausnahmefällen offenkundig unzutreffend sein dürfte, empfiehlt es sich, wenn das Unternehmen nicht dem verarbeitenden Gewerbe oder dem Handwerk zugeordnet wurde, zunächst und vor allem beim Statistischen Landesamt auf eine andere Einordnung zu drängen. Eine Umgruppierung zugunsten des Unternehmens ist nur dann unbeachtlich, wenn diese auf eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zurückzuführen ist, d.h. wenn sich etwa der Schwerpunkt der Tätigkeit verlagert hat.
Ändert sich während des Verbleibenszeitraums die Einordnung durch das Statistische Landesamt zu Lasten des Unternehmens, kann nach diesem Urteil dennoch aus Gründen des Vertrauensschutzes die erhöhte Zulage in Anspruch genommen werden, es sei denn, die ursprüngliche Einordnung war erkennbar unzutreffend oder der Schwerpunkt der Tätigkeit hat sich während des Dreijahreszeitraums tatsächlich geändert.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.10.2002, III R 40/00