Juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) sind Rechtssubjekte, die auf öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Gebiet Rechtsfähigkeit kraft Gesetzes besitzen.
Im Grunde handelt es sich um staatliche Einrichtungen wie z. B.
- Gebietskörperschaften – Bund, Länder, Landkreise und Gemeinden
- Verbandskörperschaften – Gemeindeverbände, Zweckverbände
- Personal- und Realkörperschaften – IHK, Handwerkskammer, Innungen, Berufskammern (Steuerberaterkammer, Rechtsanwaltskammer, Ärztekammer), staatliche Hochschulen
- Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts– z. B. Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts und Universitätsklinika in der Rechtsform von Anstalten des öffentlichen Rechts
- Kirchen (öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften)
Juristische Person des privaten Rechts als sonstige Einrichtung des öffentlichen Rechts
Eine juristische Person des privaten Rechts kann als eine sonstige Einrichtung des öffentlichen Rechts i. S. d. Art. 13 MwStSystRL gelten, wenn sie in die öffentliche Verwaltung eingegliedert ist. Die Eingliederung ergibt sich allerdings nicht allein aus der Vornahme von der öffentlichen Gewalt vorbehaltenen Handlungen, sondern bedarf der Erfüllung weiterer Voraussetzungen.
Für diese jPdöR ist eine wesentliche Ausnahme vom Grundsatz der Besteuerung aller Güter und Dienstleistungen im deutschen UStG – in unterschiedlicher Formulierung – in § 2 Abs. 3 UStG bereits seit 1934 enthalten.
Seit 1980 lautet § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG:
"Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftsteuergesetzes) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig."
Nach diesem Gesetzeswortlaut handeln jPdöR nur als Unternehmer i. S. des Umsatzsteuerrechts, soweit sie im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art (BgA) tätig sind. Umgekehrt sind Leistungen außerhalb eines BgA – im sog. hoheitlichen Bereich – nicht umsatzsteuerbar.
Das UStG nimmt hierbei Bezug auf die Regelungen des KStG zum BgA, woraus die Verwaltung bisher geschlossen hat, dass für die Frage, ob ein BgA vorliegt, auf § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG abzustellen ist.
Nach § 4 Abs. 1 KStG gelten als BgA alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben.
- Einrichtungen: Der Begriff Einrichtung setzt nicht voraus, dass die Tätigkeit im Rahmen einer im Verhältnis zur sonstigen Betätigung verselbstständigten Abteilung ausgeübt wird; sie kann auch innerhalb des allgemeinen Betriebs miterledigt werden. Eine Einrichtung liegt regelmäßig vor, wenn der Jahresumsatz i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus der wirtschaftlichen Tätigkeit den Betrag von 130.000 EUR übersteigt. Bei Überschreiten dieser Grenze kann eine Einrichtung auch dann angenommen werden, wenn Betriebsmittel, z. B. Maschinen oder Personal sowohl im hoheitlichen als auch im wirtschaftlichen Bereich eingesetzt werden.
- wirtschaftlich herausheben: Wenn der Jahresumsatz i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 35.000 EUR nachhaltig übersteigt, ist dies ein wichtiger Anhaltspunkt dafür, dass die Tätigkeit von einigem wirtschaftlichen Gewicht ist. Bei Unterschreiten der Umsatzgrenze von 35.000 EUR wird ein BgA regelmäßig nur angenommen, wenn die jPdöR mit ihrer Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb tritt.
Über die Anwendung der Umsatzgrenzen von 130.000 EUR und 35.000 EUR (s. o.) ist bei der Umsatzsteuer und bei der Körperschaftsteuer einheitlich zu entscheiden.
Vermögensverwaltung und Leistungen von jPdöR aus ihrem hoheitlichen Bereich an andere jPdöR für deren hoheitlichen Bereich – sog. Beistandsleistungen – sind aus Sicht der KSt ebenfalls kein BgA.
Zusammenfassend lässt sich die aus der bisherigen Gesetzesregelung abgeleitete Verwaltungsauffassung zur Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand exemplarisch anhand der Verfügung der OFD Niedersachsen vom 27.7.2012 darstellen:
"Eine juristische Person des öffentlichen Rechts (jPöR) handelt nur dann als Unternehmerin, wenn sie im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) tätig ist (§ 2 Abs. 3 UStG). Mithin ist sie keine Unternehmerin, wenn ihre Tätigkeit nach körperschaftsteuerlichen Grundsätzen nicht als Betrieb gewerblicher Art, sondern als Vermögensverwaltung oder Beistandsleistung zu beurteilen ist."