BMF, Schreiben v. 11.10.1994, IV C 4 - S 7350 - 24/94 - (UR 1994 S. 489)
Merkblatt zur Umsatzbesteuerung im Umsatzsteuer-Abzugsverfahren
Stand: September 1994
I. Vorbemerkung
Das Merkblatt soll inländische und ausländische Unternehmer über die Besteuerung im Umsatzsteuer-Abzugsverfahren unterrichten. Das Umsatzsteuer-Abzugsverfahren ist eine besondere Art des Besteuerungsverfahrens. Es dient der Verfahrensvereinfachung und der Sicherung des Steueranspruches bei bestimmten steuerpflichtigen Umsätzen. Die Rechtsgrundlage ergeben sich aus § 18 Abs. 8 Umsatzsteuergesetz - UStG -, §§ 51 bis 58 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV - und den Abschnitten 233 bis 239 Umsatzsteuer-Richtlinien - UStR.
II. Grundsätze der Besteuerung im Abzugsverfahren
Unternehmer und juristische Personen des öffentlichen Rechts müssen als Leistungsempfänger für bestimmte an sie ausgeführte steuerpflichtige Umsätze die Steuer von der Gegenleistung einbehalten und an das für sie zuständige Finanzamt abführen. Diese Verpflichtung besteht sowohl für im Inland ansässige als auch für im Ausland ansässige Leistungsempfänger. Auch Kleinunternehmer § 19 UStG), pauschalversteuernde Land- und Forstwirte § 24 UStG) und Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigen, sind verpflichtet, das Abzugsverfahren durchzuführen. Die Verpflichtung besteht sowohl bei Umsätzen für den unternehmerischen als auch bei Umsätzen für den nichtunternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers.
III. Umsätze, für die das Abzugsverfahren durchzuführen ist
Dem Abzugsverfahren unterliegen
1. Werklieferungen im Ausland ansässiger Unternehmer. Dazu gehören insbesondere die Werklieferungen der Bauunternehmen, der Montagefirmen und anderer Handwerksbetriebe.
Beispiel 1:
Der in Flensburg ansässige Bauunternehmer U hat den Auftrag erhalten, in Kiel ein mehrstöckiges Geschäftshaus zu errichten. Lieferung und Einbau der Fenster läßt U von seinem dänischen Subunternehmer A aus Kopenhagen ausführen.
Der im Ausland ansässige Unternehmer A erbringt eine im Inland steuerpflichtige Werklieferung an U § 3 Abs. 6 UStG). Die Umsatzsteuer für diese Werklieferung hat U von seiner Gegenleistung einzubehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen.
2. Sonstige Leistungen im Ausland ansässiger Unternehmer (z. B. Leistungen der Architekten, Künstler und anderer freier Berufe, Leistungen der Aufsichtsräte, Berufssportler, Filmverleiher, Lizenzgeber, Handelsvertreter, innergemeinschaftliche Güterbeförderungen). Der Begriff der sonstigen Leistungen umfaßt auch Werkleistungen gewerblicher Unternehmen.
Beispiel 2:
Der in Frankreich ansässige Architekt A plant für den in Stuttgart ansässigen Unternehmer U die Errichtung eines Gebäudes in München.
Der im Ausland ansässige Unternehmer A erbringt eine im Inland steuerpflichtige sonstige Leistung an U § 3 a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c UStG). Die Umsatzsteuer für diese Leistung hat U von seiner Gegenleistung einzubehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen.
3. Lieferungen von sicherungsübereigneten Gegenständen durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Konkursverfahrens.
Beispiel 3:
Für den Unternehmer U in Leipzig finanziert eine Bank in Dresden die Anschaffung eines Pkw. Bis zur Rückzahlung des Darlehens läßt sich die Bank den Pkw sicherungsübereignen. Da U seinen Zahlungspverpflichtungen nicht nachkommt, verwertet die Bank den Pkw durch Veräußerung an einen privaten Abnehmer.
Mit der Veräußerung des Pkw durch die Bank liegen umsatzsteuerlich eine Lieferung des U (Sicherungsgeber) an die Bank (Sicherungsnehmer) sowie eine Lieferung der Bank an den privaten Abnehmer vor. Die Bank als Leistungsempfängerin ist verpflichtet, die Umsatzsteuer für die steuerpflichtige Lieferung des U einzubehalten und an das für sie zuständige Finanzamt abzuführen.
4. Lieferungen von Grundstücken im Rahmen der Zwangsversteigerung durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher.
Beispiel 4:
Der Unternehmer U in Berlin ist Eigentümer eines Werkstattgebäudes, dessen Errichtung mit Darlehen einer Bank finanziert wurde. Da U seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt, wird das Grundstück mit dem Werkstattgebäude auf Antrag der Bank zwangsversteigert. Den Zuschlag erhält der Unternehmer E. Auf die Steuerbefreiung der Grundstückslieferung § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) verzichtet U und stellt E Umsatzsteuer in Rechnung.
Mit dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung tätigt U an den Ersteher E eine Lieferung, die infolge des Verzichts auf die Steuerbefreiung steuerpflichtig ist. E ist als Leistungsempfänger verpflichtet, die Umsatzsteuer einzubehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen.
IV. Begriffsbestimmungen
Inland im Sinne des UStG ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme insbesondere von Büsingen, der Insel Helgoland und der Freihäfen § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG). Ausland im Sinne des UStG ist das Gebiet, das nicht Inland ist § 1 Abs. 2 Satz 2 UStG).
Ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der...