FinMin Schleswig-Holstein, Erlaß v. 26.2.2020, VI 3510 - S 7107 - 001
I.
Ein Großteil möglicher Anwendungsfragen zur Steuerbarkeit nach § 2b UStG lässt sich mit folgenden zwei Regeln beantworten:
- Privatrechtliche Verträge führen unter den weiteren Voraussetzungen des § 2 Absatz 1 UStG zur Steuerbarkeit der Leistung.
- Bei Erbringung einer Leistung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ist grundsätzlich davon auszugehen, dass durch die Möglichkeit, diese Leistung auch von Privaten erhalten zu können, Wettbewerb besteht und eine fehlende Steuerbarkeit zu einer Verzerrung dieses Wettbewerbs führen würde, mithin die Anwendung von § 2b UStG ausgeschlossen ist. Bei § 2b Absatz 3 Nummer 2 UStG ist eine gesonderte Wettbewerbsprüfung durchzuführen (siehe BMF-Schreiben vom 14.11.2019).
§ 2b UStG privilegiert bestimmte Tätigkeiten der juristischen Personen des öffentlichen Rechts und verfolgt gleichzeitig das Ziel, Verzerrungen des Wettbewerbs zu verhindern, wenn gleiche Leistungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und privaten Wettbewerbern angeboten werden. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Organisationsfreiheit der betroffenen juristischen Personen des öffentlichen Rechts lässt sich daraus nicht herleiten. Die Tatsache, dass eine Ausnahme von einer allgemein gültigen Regel auf eine bestimmte Konstellation keine ständige Anwendung findet, sondern eine Einzelfallprüfung vorgenommen wird, ob im konkreten Fall die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2b UStG für eine Nichtsteuerbarkeit vorliegen, stellt keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung dar.
II.
1. Interkommunale Rechenzentren
Erbringen interkommunale Rechenzentren Leistungen, die gleichartig im Wettbewerb auch von privaten Dritten erbracht werden können, würde die Nichtbesteuerung dieser Leistungen zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen. Daher ist regelmäßig von einer Unternehmereigenschaft auszugehen.
2. Interkommunale Callcenter
Die Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen für den Bürger durch ein Callcenter ist auch privaten Anbietern möglich. Daher ist regelmäßig von einer Unternehmereigenschaft auszugehen.
3. Personalgestellungen
Durch die Streichung des § 2 Absatz 3 UStG in der Fassung von 2015 sind frühere Anknüpfungspunkte der Körperschaftsteuer nicht mehr maßgeblich für die umsatzsteuerliche Beurteilung. Ob eine Unternehmereigenschaft vorliegt, bestimmt sich nach § 2 Absatz 1 UStG.
Infolgedessen hat die Rechtsfigur der Beistandsleistungen umsatzsteuerlich keine Bedeutung mehr. Insbesondere ist irrelevant, ob der Leistungsaustausch zwischen Hoheitsbereichen im Sinne der Körperschaftsteuer stattfindet.
Darüber hinaus werden regelmäßig Personalgestellungen bzw. Personalüberlassungen umsatzsteuerbar, die bisher mangels Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art nicht als unternehmerisch gegolten haben.
Bei sogenannten „Umstrukturierungsfällen” gelten ebenfalls die allgemeinen Regelungen. Die in der Vergangenheit beschlossenen besonderen Verwaltungsregelungen zur Personalüberlassung in Umstrukturierungsfällen finden bei Anwendbarkeit des § 2b UStG (Übergangszeitraum nach § 27 Absatz 22 UStG) für die Umsatzsteuer keine Anwendung mehr. Damit unterliegen sämtliche Personalüberlassungen bei Umstrukturierungen, unabhängig davon, wann sie begründet wurden, mit Anwendung des § 2b UStG bei der jeweiligen jPöR, der Umsatzsteuer.
Aus dem Begriff der Amtshilfe allgemein können keine umsatzsteuerlichen Folgen abgeleitet werden, sondern der Einzelfall ist zu betrachten.
Grundsätzlich gilt: Die entgeltliche Überlassung von Personal stellt einen nachhaltigen Leistungsaustausch dar, der zur Unternehmereigenschaft führt. Wenn Personal gegen Entgelt überlassen wird, liegt grundsätzlich ein steuerbarer und steuerpflichtiger Vorgang vor. Die Unternehmereigenschaft kann im Einzelfall entfallen, wenn keine größeren Wettbewerbsverzerrungen im Sinne des § 2b Absatz 1 Satz 2 UStG vorliegen.
4. Wahrnehmung wesentlicher Teilaufgaben für eine andere jPöR in den Bereichen der Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung
Wenn die Voraussetzungen des § 2b Absatz 1 Satz 1 UStG vorliegen, führt die Wahrnehmung von (Teil-)Aufgaben einer jPöR für eine andere jPöR zur Steuerbarkeit, wenn größere Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Dritter vorliegen. Eine entgeltliche befreiende Aufgabenübertragung auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung in öffentlich-rechtlicher Handlungsform und im Rahmen öffentlicher Gewalt an eine andere jPöR führt zum Ausschluss der Unternehmereigenschaft, wenn die Übertragung auf Private gesetzlich ausgeschlossen ist (z. B. die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen nach § 20 KrWG). Davon zu unterscheiden ist hier die auch privaten Unternehmern gestattete Erbringung von Vorleistungen an die zur Entsorgung verpflichtete jPöR zum Zweck der Durchführung der Abfallentsorgung (§ 22 KrWG), vgl. BMF-Schreiben vom 16.12.2016, Randnummer 25).
5. Park- und Sondernutzungsgebühren
Die Überlassung unselbstständiger Parkbuchten auf öff...