Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Sachverhalt
Erbe E hat von seinem Erbonkel ein Hausboot geerbt, das fest mit dem Ufer und einer Steganlage verbunden an einem Seitenarm der Alster in Hamburg befestigt ist. Das Hausboot ist an die lokalen Versorgungsleitungen (Wasser, Abwasser, Strom) angeschlossen.
Da E selbst nicht in das Hausboot einziehen möchte, vermietet er es an den selbstständigen Rechtsanwalt R, der auf dem Hausboot sowohl wohnen wird (auf 100 m² im Heckbereich des Hausboots) als auch seine Rechtsanwaltspraxis (auf 200 m² im Bugbereich des Hausboots) betreiben wird.
Da E mit erhöhten Aufwendungen für die Instandhaltung des Hausboots rechnet, möchte er soweit wie möglich auf die Steuerbefreiung verzichten. Schon kurz nach Einzug des R muss eine Unterwasserbesichtigung des Rumpfes durch einen dritten Unternehmer erfolgen, für die R 5.500 EUR zzgl. 1.145 EUR gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer berechnet werden. Noch im Monat des Rechnungseingangs zahlt R den angeforderten Betrag von 6.645 EUR.
Fragestellung
E möchte wissen, welche umsatzsteuerrechtlichen Folgen sich für ihn aus dem geschilderten Sachverhalt ergeben.
Lösung
E ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er Leistungen selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht ausführt. Bei der Vermietung des Hausboots handelt es sich um eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG, da keine Lieferung vorliegt.
Bei der Vermietung handelt es sich nach der Rechtsprechung des EuGH um eine Vermietung eines Grundstücks, wenn das Hausboot nicht leicht zu lösen ist und ortsfest an einem abgegrenzten und identifizierbaren Liegeplatz am Fluss liegt. Da es sich um ein fest vertäutes Hausboot handelt, das an Versorgungseinrichtungen angeschlossen ist, liegen diese Voraussetzungen hier vor. Die Vermietungsleistung ist damit in Hamburg ausgeführt. Der Umsatz ist steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
Einordnung als Grundstück für Ortsbestimmung und Steuerpflicht von Bedeutung
Dass eine Grundstücksvermietung nach dem Urteil des EuGH vorliegt, kann insbesondere Einfluss auf die Bestimmung des Orts der Leistung haben. National wird es aber insbesondere darauf ankommen, ob es sich um eine nach § 4 Nr. 12 UStG steuerbefreite Leistung handelt oder nicht.
Da es sich um eine Vermietung eines Grundstücks handelt und diese Vermietung auch nicht kurzfristig erfolgt, ist sie steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Da E einen möglichst hohen Vorsteuerabzug haben möchte, ist zu prüfen, in welchem Umfang er auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 UStG verzichten kann.
Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nach § 9 Abs. 1 UStG nur insoweit möglich, wie der Leistungsempfänger Unternehmer ist und die Leistung für seine unternehmerischen Zwecke verwenden möchte. Von der Vermietungsleistung sind nur 2/3 an den Rechtsanwalt für seine Kanzlei erbracht, 1/3 der Vermietungsleistung wird für den privaten Bereich des R ausgeführt. Damit kann E nur zu 2/3 auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichten. Soweit R das Hausboot für sein Unternehmen nutzt, steht der Option auch nicht § 9 Abs. 2 UStG entgegen, da R zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Rein quotale Option nicht möglich
In diesem Fall kann für den genau abgrenzbaren Bereich der unternehmerischen Nutzung des Mieters auf die Steuerbefreiung verzichtet werden. Soweit die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten aber nicht eindeutig abgrenzbaren Grundstücksteilen zugeordnet werden können, kann eine rein quotale Option nicht vorgenommen werden.
Die Vermietungsleistung wird in Teilleistungen ausgeführt. Damit entsteht mit Ablauf eines jeden Teilleistungszeitraums die Umsatzsteuer. Steuerschuldner ist E.
Aus dem Leistungsbezug hat E grundsätzlich den Vorsteuerabzug. Allerdings kann er einen Vorsteuerabzug nur insoweit geltend machen, wie der leistende Unternehmer aus der erbrachten Leistung Umsatzsteuer schuldet. E liegt eine Rechnung vor, in der neben einem Nettobetrag von 5.500 EUR auch 1.145 EUR Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen sind. Der leistende Unternehmer hat danach zu viel Umsatzsteuer ausgewiesen (auf 5.500 EUR würden nur 19 % Umsatzsteuer = 1.045 EUR entfallen). Da E den angeforderten Betrag von 6.645 EUR zahlt, beträgt die darin enthaltene Umsatzsteuer (6.645 EUR : 1,19 = 5.584,03 EUR × 19 % =) 1.060,97 EUR. Da dieser Betrag unter dem ausgewiesenen Betrag liegt, kann E maximal diesen Betrag abziehen.
Vorsteuerabzug bei unrichtigem Steuerausweis auf korrekten Steuerbetrag begrenzt
Der Vorsteuerabzug des E ist nicht auf 1.045 EUR – die auf den offensichtlich berechneten Nettobetrag entfallende USt – begrenzt, da E insgesamt die 6.645 EUR bezahlt. Die Differenz zu der für die ausgeführte Leistung geschuldeten Steuer von (1.145 EUR ./. 1.060,97 EUR =) 84,03 EUR schuldet der leistende Unternehmer als unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG. Die unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer ist bei einem Leistungsempfänger nie als Vorsteuer abzugsfähig. Der leistende Unternehmer kann aber die Rechnun...