Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Leistungen einer Eventagentur, die nur die Rahmenbedingungen für einen Jahrmarkt oder eine ähnliche Veranstaltung schafft, unterliegen dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG.
Sachverhalt
Der Kläger betrieb in einem Organschaftsverhältnis eine Eventagentur, die im Jahr ca. 6 Großveranstaltungen im Automobilsektor organisierte und durchführte. Auf den Veranstaltungen wurden getunte Fahrzeuge bestimmter Marken von den Teilnehmern präsentiert, besonders schöne Fahrzeuge vorgestellt, ein "Public-Race" veranstaltet sowie weitere unterhaltende Programmpunkte durchgeführt. Die Eventagentur organisierte diese Veranstaltungen, verkaufte die Eintrittskarten dafür und bediente sich für die Durchführung der Veranstaltung diverser Hilfspersonen. Die Umsätze aus den Veranstaltungen unterwarf sie nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG dem ermäßigten Steuersatz. Nach einer USt-Sonderprüfung vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass die Leistungen mit dem Regelsteuersatz zu besteuern seien.
Entscheidung
Das Gericht sah die Klage als zulässig aber unbegründet an. Da die Eventagentur nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Veranstaltung nur organisierte, liegen nach Auffassung des Gerichts die Voraussetzungen für den ermäßigten Steuersatz nicht vor.
Im Streitfall könnte nur § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG für den ermäßigten Steuersatz in Frage kommen. Danach ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller. Dies sind insbesondere Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen (§ 30 UStDV). Dabei muss die Leistung nicht selber durch den Schausteller in eigener Person ausgeführt werden, diese Leistungen können auch im eigenen Namen mit Hilfe von Arbeitnehmern oder sonstigen Erfüllungsgehilfen an die Besucher erbracht werden.
Trotzdem liegen die Voraussetzungen für den ermäßigten Steuersatz nicht vor, da nach der Auffassung des Gerichts die Leistungen des Klägers bloße organisatorische Leistungen waren. Der Kläger hat nicht eigene schaustellerische Leistungen erbracht, auch nicht im eigenen Namen mit Hilfe von Arbeitnehmern oder sonstigen Erfüllungsgehilfen. Er hat weder selbst ein Fahrgeschäft betrieben noch schaustellerisch etwas gezeigt oder vorgeführt. Der Kläger selbst hat vielmehr nur die Rahmenbedingungen geschaffen, die die Aktionen, z. B. Autorennen, ermöglicht haben. Da diese Organisationsleistungen überwogen haben, muss die einheitliche Leistung dem Regelsteuersatz unterworfen werden.
Hinweis
Gegen das Urteil ist keine Revision zugelassen worden.
Entscheidend für die Frage, ob es sich um eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Leistung handeln kann, ist immer, ob der leistende Unternehmer selber (allein, durch Mitarbeiter oder durch Subunternehmer) schaustellerische Leistungen gegenüber den Besuchern erbringt. Reine Organisationsleistungen reichen nicht aus, um die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes zu rechtfertigen. Grundsätzlich ist dabei auch immer zu beachten, dass die Ausnahmevorschriften des § 12 Abs. 2 UStG eng auszulegen sind.
Schwer ist es in der Praxis, die genaue Grenze zwischen reiner Organisation und Ausführung von schaustellerischen Leistungen durch Subunternehmer zu ziehen. Im vorliegenden Fall stützte sich das Finanzgericht hauptsächlich darauf, dass die "schaustellerischen Leistungen" im Wesentlichen durch die Besucher selber erbracht wurden, die dort ihre Fahrzeuge zur Schau stellten. Im Einzelfall wird es immer auf das Gesamtbild der Verhältnisse ankommen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 05.10.2010, 15 K 3961/07 U