Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Sachverhalt
Einzelunternehmer E betreibt in Düsseldorf einen gutgehenden Filialhandel mit Weinen. Von einem Zulieferer erfährt E, dass ein Investor aus der Import-GmbH aussteigen möchte, die sich auf den Import von Lebensmitteln aus Südeuropa spezialisiert hat. Da E davon überzeugt ist, dass sich in Zukunft für die Import-GmbH gute Absatzmöglichkeiten für ihre Produkte im Inland ergeben, möchte er 25 % der Anteile an der GmbH für 1 Mio. EUR erwerben, obwohl er derzeit – und auch nicht in absehbarer Zeit – selbst keine Produkte der GmbH erwerben und vertreiben möchte.
Im April 2023 kommt es zum Verkauf der Anteile. Neben dem Kaufpreis von 1 Mio. EUR zahlt E an den Notar 5.000 EUR zzgl. 950 EUR Umsatzsteuer für den Abschluss des notariellen Kaufvertrags.
E hofft, in Zukunft aus den Ausschüttungen der GmbH eine ansehnliche Rendite zu erzielen und auch seine Kapitalbasis für Kreditverhandlungen mit seinem Kreditinstitut zu stärken.
Fragestellung
E bittet um Auskunft, welche umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen sich aus diesem Sachverhalt für ihn ergeben.
Lösung
E ist Unternehmer, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht im Rahmen seines Einzelhandelsgeschäfts tätig ist. Sein Unternehmen umfasst die Tätigkeit im Weinhandel sowie die damit in Zusammenhang stehenden Leistungen.
Fraglich ist, ob E durch den Erwerb der Beteiligung an der GmbH den Rahmen seiner unternehmerischen Betätigung erweitert oder ob es sich um typische Leistungen handelt, die im Rahmen der Tätigkeit als Einzelhändler mit anfallen.
Organschaft setzt finanzielle Eingliederung voraus
Eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG kann sich schon alleine deshalb nicht ergeben, da E nur mit 25 % an der GmbH beteiligt ist. Mit einer Beteiligung von 25 % kann keine finanzielle Eingliederung begründet werden. Darüber hinaus müsste E die Anteile als Unternehmer halten, damit sie in sein Unternehmen eingegliedert sein können.
Grundsätzlich ist das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen keine unternehmerische Tätigkeit. E hält die Beteiligung auch nicht als "Wertpapierhändler" oder um eine bestehende oder zukünftige unternehmerische Betätigung zu fördern. Damit kann E die Beteiligung nicht seinem Unternehmen zuordnen.
Ertragsteuerrechtliche Beurteilung unbeachtlich
Unbeachtlich ist dabei, ob E die Anteile seinem ertragsteuerrechtlichen Betriebsvermögen (gewillkürtes Betriebsvermögen) zuordnet oder zuordnen kann. Auch die Stärkung seiner Kapitalbasis führt nicht dazu, dass eine unternehmerische Zuordnung der Beteiligung erfolgen kann.
Da E die Beteiligung nicht seinem Unternehmen zuordnen kann, stehen die Aufwendungen aus der Beurkundung des Kaufvertrags auch nicht im Zusammenhang mit seiner unternehmerischen Betätigung; mangels Leistungsbezug für das Unternehmen kann die in der Rechnung des Notars gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer von 950 EUR nicht als Vorsteuer abgezogen werden.
Vorsteuerausschluss nicht auf Anschaffungsnebenkosten beschränkt
Soweit laufende Aufwendungen aus der Beteiligung bei E anfallen würden, wäre der Vorsteuerabzug aus diesen Aufwendungen ebenfalls vom Abzug ausgeschlossen. Können die Aufwendungen nicht direkt zugeordnet werden (z. B. Steuerberatungs- und Abschlusskosten), ist eine Vorsteueraufteilung analog § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen.