Leitsatz
Eine Bruchteilsgemeinschaft erbringt keine Leistungen gegen Entgelt als Unternehmer (Festhalten an den Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 22.11.2018 – V R 65/17, BFHE 263, 90 und vom 07.05.2020 – V R 1/18, BFHE 270, 146). Über § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG i.d.F. von Art. 43 Abs. 6 i.V.m. Art. 16 Nr. 2 JStG 2022 war im Streitfall nicht zu entscheiden.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1a, § 2 Abs. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c, Art. 9 Abs. 1 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 116 Abs. 6, § 119 Nr. 6 FGO, § 741 BGB
Sachverhalt
Der Kläger vermietete seit 2011 ein bebautes Grundstück steuerpflichtig an seinen Sohn. Im Jahr 2014 übertrug er einen Miteigentumsanteil von 50 % auf seine Ehefrau. Im Jahr 2015 wurde das Grundstück auf den Sohn übertragen. Das FA ging im Hinblick auf eine Steuerfreiheit von einer beim Kläger vorzunehmenden Vorsteuerberichtigung aus. Der Kläger machte hiergegen geltend, dass eine Geschäftsveräußerung vorliege. Das FG wies die Klage ab, da die Lieferung an den Mieter nicht zu einer Geschäftsveräußerung führe (Hessisches FG, Urteil vom 21.3.2022, 6 K 893/19).
Entscheidung
Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hob der BFH das Urteil des FG auf und verwies die Sache gemäß § 116 Abs. 6 FGO an das FG zurück. Aus dem Tatbestand des Urteils ergebe sich, dass der Kläger vor dem Streitjahr seiner Ehefrau hälftiges Miteigentum an dem Grundstück eingeräumt hatte und dass im Streitjahr dementsprechend der Kläger und seine Ehefrau das Grundstück an den Sohn geliefert hatten. Gehe das FG unter diesen Umständen – und mangels jeglicher Anhaltspunkte für das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – nicht der Frage nach, ob sich der vom FA angenommene Vorsteuerberichtigungsanspruch gegen den Kläger oder gegen eine aus ihm und seiner Ehefrau gebildete Bruchteilsgemeinschaft richtet, sei es in Bezug auf einen wesentlichen Streitpunkt nicht möglich, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. In einem zweiten Rechtsgang sei auch § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zu beachten.
Hinweis
1. Zur Unternehmereigenschaft bei Bruchteilsgemeinschaften bestehen vielfältige Streitfragen, die sich letztlich auf die Grundfrage zurückführen lassen, ob sich die Besteuerung hier am Innenverhältnis zwischen den Miteigentümern zu orientieren hat, denen das Eigentum an einem Gegenstand zu Bruchteilen gehört oder ob auf das Außenverhältnis und damit auf die zu Dritten bestehenden Rechtsbeziehungen abzustellen ist.
Die Problematik lässt sich anhand eines denkbar einfach gelagerten Beispielsfalls verdeutlichen, bei dem ein Alleineigentümer (A) ein von ihm eigenunternehmerisch genutztes Grundstück steuerpflichtig auf zwei Personen (B und C) als Miteigentümer übertragen will, die beabsichtigen, das Grundstück dann gemeinsam an eine weitere Person (D) steuerpflichtig zu vermieten.
Dreh- und Angelpunkt der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung ist hier, wer als leistender Unternehmer in Bezug auf die Vermietung anzusehen ist. Immerhin zivilrechtlich bestehen dabei keine Beurteilungsprobleme. Der BGH sieht die beiden Miteigentümer und damit nicht die Bruchteilsgemeinschaft als Vermieter an (BGH, Urteil vom 28.9.2005, VIII ZR 399/03, NJW 2005, 3781 und Urteil vom 28.9.2011, VIII ZR 242/10, NJW 2012, 63).
2. Umsatzsteuerrechtlich ist demgegenüber eigenständig zu entscheiden, ob die Vermietungsleistung durch die Bruchteilsgemeinschaft oder die Miteigentümer erbracht wird, wobei das Steuerrecht es dabei allerdings als zutreffend ansehen kann, an das zivilrechtlich begründete Rechtsverhältnis anzuknüpfen. Die Beurteilung hierzu war in der Vergangenheit wechselhaft.
a) Der BFH ist in seiner früheren Rechtsprechung davon ausgegangen, dass eine Bruchteilsgemeinschaft Unternehmer sein kann (BFH, Urteil vom 25.3.1993, V R 42/89, BFH/NV 1993, 65, BStBl II 1993, 729; Urteil vom 29.4.1993, V R 38/89, BFH/NV 1993, 65, BStBl II 1993, 734 und Urteil vom 9.9.1993, V R 63/89, BFH/NV 1994, 589). Folge dieser Sichtweise war, dass als Leistender bei einer steuerpflichtigen Vermietung des im Miteigentum stehenden Gegenstands die Bruchteilsgemeinschaft angesehen wurde. Der BFH begründete dies mit einer Betrachtung des Innenverhältnisses, wonach es sich bei der Vermietung des im Miteigentum stehenden Gegenstandes um eine Verwaltungsmaßnahme nach den §§ 744f. BGB handele. Der in der späteren BFH-Rechtsprechung als maßgeblich angesehenen Frage, wer denn im Außenverhältnis zum Mieter Leistender ist, wurde damals keine Bedeutung beigemessen.
b) Die Rechtsprechung zur Unternehmereigenschaft der Bruchteilsgemeinschaft hat der BFH später aufgegeben. Nach den BFH-Urteilen vom 22.11.2018, V R 65/17 (BFH/NV 2019, 359) und vom 7.5.2020, V R 1/18 (BFH/NV 2020, 1211) kann eine Bruchteilsgemeinschaft keine entgeltlichen Leistungen erbringen, sodass sie nicht Unternehmerin ist und stattdessen von einer anteiligen Leistungserbringung durch die Miteigentümer auszugehen ist. Maßgeblich war hierfür eine Betrachtung des Außenverhältnisses, Der BFH leitete hie...