Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Sowohl M als auch U sind Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, die jeweils im Rahmen ihres Unternehmens tätig werden. Da der jeweiligen Leistung eine Gegenleistung gegenüber steht, handelt es sich auch um einen entgeltlichen Vorgang (Leistungsaustausch). Da zumindest U mit seiner Beratungsleistung eine sonstige Leistung ausführt, handelt es sich um einen tauschähnlichen Umsatz nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG.
M führt mit der Renovierung offensichtlich eine Werkleistung aus, soweit er nur Nebensachen oder Zutaten verwendet. Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. c UStG; die Leistung ist damit am Grundstücksort ausgeführt – hier in Ulm und damit im Inland. Die Renovierung ist steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Eine Steuerbefreiung nach § 4 UStG liegt nicht vor.
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich gem. § 10 Abs. 1 UStG nach dem, was der leistende Unternehmer für die von ihm ausgeführte Leistung erhält oder erhalten soll. Da es sich um einen tauschähnlichen Umsatz handelt, ist der Wert der erhaltenen Leistung (für den M der Wert der erhaltenen Beratungsleistung) nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG heranzuziehen. Nach den Sachverhaltsangaben handelt es sich hier um einen (Brutto-)Wert der erhaltenen Leistung i. H. v. 11.900 EUR – dies entspricht auch dem subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene Leistung. Aus diesem Betrag ist die USt nach § 12 Abs. 1 UStG mit 19 % herauszurechnen, sodass die Bemessungsgrundlage 10.000 EUR und die entstehende USt 1.900 EUR beträgt.
Gegenleistung stellt Bruttowert dar
Die Gegenleistung ist immer ein Bruttowert, aus dem die USt herauszurechnen ist. Kann der Wert der erhaltenen Leistung nicht ermittelt werden, muss er sachgerecht geschätzt werden.
Da M seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten besteuert, entsteht die USt grundsätzlich nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung (Malerarbeiten) ausgeführt worden ist. M hat seine unternehmerische Betätigung wohl erst in 2021 aufgenommen. Bis einschließlich 2020 wäre er deshalb gesetzlich verpflichtet gewesen, monatliche Voranmeldungen abzugeben. Diese Regelung ist allerdings – vorerst bis 2026 – ausgesetzt worden, sodass es auf die hochgerechnete Zahllast ankommt. Nach dem Sachverhalt ist M danach ebenfalls verpflichtet, monatliche Voranmeldungen abzugeben. Damit wäre die USt für März 2022 anzumelden. Allerdings hat M die Gegenleistung – die Beratungsleistung des U – schon im Februar 2022 erhalten, sodass die USt schon im Monat des Erhalts der Gegenleistung anzumelden und abzuführen ist (Vorauszahlung; § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). Da die Beratungsleistung schon im Februar 2022 ausgeführt wurde, muss die USt für M im Voranmeldungszeitraum Februar 2022 angemeldet werden.
Unternehmensberater U erbringt gegenüber seinem Mandanten eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG, deren Ort nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG dort ist, wo der Leistungsempfänger – da hier ein Unternehmer der Leistungsempfänger ist – sein Unternehmen betreibt. Dies wird hier auch in Ulm der Fall sein. Die Beratungsleistung des U ist damit steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und auch nicht steuerbefreit nach § 4 UStG. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich ebenfalls nach § 10 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 UStG aus dem Wert der erhaltenen Leistung (für den U der Wert der erhaltenen Renovierungsleistung). Aus diesem Betrag von 11.900 EUR ist die USt nach § 12 Abs. 1 UStG mit 19 % herauszurechnen, sodass die Bemessungsgrundlage 10.000 EUR und die entstehende USt 1.900 EUR beträgt.
Da U seine Beratungsleistung im Februar 2022 ausführt hat, entsteht die USt für den Voranmeldungszeitraum Februar 2022. Dass M seine Leistung erst im März 2022 ausführt, ist für die Steuerentstehung bei U ohne Bedeutung.
Soweit die beiden Unternehmer zeitnah ordnungsgemäße Rechnungen austauschen, haben sie jeweils einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, dessen Abzug auch nach § 15 Abs. 2 UStG nicht ausgeschlossen ist.
Bei Vorauszahlungen Ausführung der Gegenleistung für den Vorsteuerabzug maßgeblich
Beide Unternehmer beziehen die Leistungen für ihr Unternehmen und haben somit auch einen Vorsteuerabzug aus der erhaltenen Leistung. Dies gilt entsprechend auch für Anzahlungen und Vorauszahlungen. Obwohl § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG in diesem Zusammenhang von einer Zahlung ausgeht, muss dies entsprechend auch für eine Gegenleistung gelten, die in Form einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung erbracht wird.