BMF, Schreiben v. 7.7.1989, IV A 2 - S 7110 - 37/89
Sie haben vorgetragen, die Einnahmen der Besucherorganisationen - Theatergemeinden und Volksbühnen-Vereine - würden von den Finanzämtern zur Zeit unterschiedlich behandelt, und zwar zum einen als nicht steuerbare Mitgliederbeiträge oder als durchlaufende Posten im Zusammenhang mit Vermittlungsleistungen, zum anderen aber auch als (anteilige) Entgelte für Vermittlungsleistungen, in Einzelfällen als Entgelte für steuerfreie Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 20 UStG Ihr Bestreben geht dahin, eine Gleichbehandlung der Leistungen aller Besucherorganisationen zu erreichen und dabei die Umsatzbesteuerung entweder ganz zu vermeiden oder äußerst gering zu halten.
Die aufgetretenen Fragen sind in einer Sitzung mit den obersten Finanzbehörden der Länder eingehend erörtert worden. Dabei wurde festgestellt, daß die im Einzelfall von den Finanzämtern zu beurteilenden Sachverhalte in ihrer rechtlichen und tatsächlichen Gestaltung sehr vielfältig sind. Die Erörterung mußte sich daher auf die umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen beschränken, die bei der Mehrzahl der Besucherorganisationen im Vordergrund stehen. Dies sind die sog. Eigenveranstaltungen und die Beschaffung von Eintrittskarten für Veranstaltungen.
- Tritt eine Besucherorganisation bei der Durchführung von Konzerten, Theateraufführungen und dgl. selbst als Veranstalter auf, so gelten die allgemeinen Grundsätze der Umsatzbesteuerung, unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG kommt für diese Veranstaltungen Steuerfreiheit in Betracht.
Beschafft eine Besucherorganisation Eintrittskarten für kulturelle, nicht eigene, Veranstaltungen, hängt die umsatzsteuerliche Beurteilung der Leistung - je nach Satzung und sonstiger Gestaltung der Rechts- und Leistungsbeziehungen - von den Umständen des Einzelfalls ab:
- Soweit die Besucherorganisationen zur Erfüllung ihrer den Gesamtbelangen sämtlicher Mitglieder dienenden satzungsmäßigen Gemeinschaftszwecke tätig werden und dafür Beiträge (Mitglieder-Aufnahmebeitrag, jährlicher Grundbeitrag) erheben, die dazu bestimmt sind, ihr die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen, fehlt es an einem entgeltlichen Leistungsaustausch mit dem Mitglied.
- Bewirkt eine Besucherorganisation Leistungen, die zum Teil den Einzelbelangen, zum Teil den Gesamtbelangen der Mitglieder dienen, und werden hierfür Beitragszahlungen eingesetzt, so sind die Beitragszahlungen - wie auch bei anderen Vereinen - in Entgelte für steuerbare Leistungen und in echte Mitgliederbeiträge aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom 22.11.1963, BStBl 1964 III S. 147).
Die jeweilige Besucherorganisation bewirkt mit der Beschaffung von verbilligten Eintrittskarten zu Theateraufführungen und dgl. grundsätzlich Sonderleistungen an ihre Mitglieder. Die Besucherorganisation kann diese Leistungen je nach Gestaltung ihrer Satzung und Geschäftsordnung einerseits sowie der Rahmenverträge mit den Theatern andererseits, im eigenen oder im fremden Namen an ihre Mitglieder weitergeben. Davon wird die Entscheidung beeinflußt, in welchem Umfang die Zahlungen als Entgelte der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.
aa) Vermittlungsleistungen
Bei Annahme eines Vermittlungsverhältnisses sind alle etwaigen Zahlungen, die die Besucherorganisation für ihre Tätigkeit vereinnahmt (insbesondere die Provisionen), umsatzsteuerbares Leistungsentgelt der Besucherorganisation. Die Annahme von Vermittlungsleistungen setzt voraus, daß der Unternehmer in fremdem Namen und für fremde Rechnung tätig wird. Ein Handeln in fremdem Namen ist anzunehmen, wenn dem Leistungsempfänger beim Abschluß des Umsatzgeschäfts nach den Umständen des Falles bekannt ist, daß er zu einem Dritten in unmittelbare Rechtsbeziehungen tritt (vgl. BFH-Urteil vom 21.12.1965, BStBl 1966 III S. 162).
Handeln in fremdem Namen bedeutet, daß die Besucherorganisation erkennbar im Namen des Veranstalters tätig wird, d.h. nicht selbst als Veranstalter erscheint. Dem Mitglied muß ersichtlich sein, daß es zum Veranstalter der angebotenen Aufführung in unmittelbare Rechtsbeziehungen tritt.
Für die Annahme eines Handelns in fremdem Namen ist wesentlich, daß der Wille der Beteiligten (Veranstalter-Besucherorganisation-Mitglied) auf die Vermittlung durch die Besucherorganisation gerichtet ist. Ein Handeln der Besucherorganisation für fremde Rechnung ist z.B. gegeben, wenn sie über die von ihr erzielten Provisionen den Veranstaltern Rechnung legt und ein unternehmerisches Risiko für die Besucherorganisation nicht besteht. Erzielt die Besucherorganisation Minusprovisionen, ist ein Handeln für fremde Rechnung ausgeschlossen. Die Besucherorganisation trägt ein unternehmerisches Risiko, wenn sie Eintrittskarten, für die ein Mitglied nicht zu zahlen verpflichtet ist (bei rechtzeitiger Rückgabe), nicht selbst weiter vermitteln und auch nicht dem Veranstalter zurückgeben kann.
bb) Besorgungsleistungen
Die tatsächlichen Verhältnisse bei der Beschaffung von Eintrittskarten können im Einzelfall so gestaltet sein, da...